Kommentar |
Philologie, Kultur- und Kunstgeschichte – sie richten das Mittelmeer als Europas philosophischen Ort par excellence ein und machen die Méditerranée in der Analyse ihrer Bestände, Strukturen und Kräfte als eine symbolische Ordnung einsichtig. Doch spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg, im Moment einer fundamentalen Krise europäischer Identität und modernen Bewusstseins, erweist sich die verbindende ‚Grammatik‘ der Méditerranée als brüchig und löst sich in verschiedene Bezüge auf. Die Einheit der mittelmeerischen Welt, die Fernand Braudel allen Brüchen und Krisen zum Trotz noch als eine zivilisatorische Einheit zu rekonstruieren suchte, ist heute endgültig zerbrochen. Und doch bleibt das Mittelmeer als ‚leeres Zentrum‘ und als Teil vielschichtiger Verschiebungs- und Dezentrierungsgeschichten ein unumgänglicher Bezugspunkt europäischer Selbstreflexion. Ausgehend von Jean Luc Godards Video-Essay „Film Socialisme” (2010) werden im Seminar daher Filme und Architektur, Literaturen und kulturtheoretische Texte besprochen, die für ein gegenwärtiges Denken der Méditerranée von Bedeutung sind.
Literatur:
Leeres Zentrum. Das Mittelmeer und die literarische Moderne. Eine Anthologie hrg. v. Franck Hofmann & Markus Messling, Berlin: Kadmos 2015 |