Kommentar |
Nicht erst im 21. Jahrhundert zirkulieren Kulturprodukte europa- oder gar weltweit; schon in der Frühen Neuzeit waren die Verbreitungswege kultureller Medien und Produkte äußert weit verzweigt. Ebenso hat die Idee eines europäischen Hochschulraums, in dem das grenzüberschreitende Studium an verschiedenen europäischen Hochschulen möglich ist, ihre Wurzeln in einem von großer Mobilität geprägten Hochschulwesen, das bis zur Gründung der ersten europäischen Universitäten zurückreicht. Schon in der Frühen Neuzeit führte das Studium die angehenden Gelehrten an unterschiedliche Hochschulen in ganz Europa, wo sie ihr Wissen erweiterten und Kontakte knüpften. Auf die so etablierten Netzwerke griffen die Gelehrten bei ihren späteren schriftstellerischen und kulturpolitischen Tätigkeiten zurück. Verlagswesen, Buchdruck, die Verbreitung literarischer Werke, aber auch der Handel mit Kulturgütern und die Vermittlung von Anstellungen führte über europäische Netzwerke und bedingte, dass Autoren der Frühen Neuzeit meist äußerst mobil waren.
Kulturtransfer umfasste eine Vielzahl von Bereichen in einer sich langsam globalisierenden Welt. Im Seminar möchten wir vier Bereiche näher betrachten: (1) das europäische Hochschulwesen und die so entstehenden europäischen Netzwerke in der Frühen Neuzeit; (2) die überregional agierenden Verlagshäuser mitsamt der sie begleitenden Industrie des frühen Buchdrucks, (3) die Bedeutung von Sprachgesellschaften und literarischen Übersetzungen für die europaweite Verbreitung von Liedgut, Gedichten und Romanstoffen (4) den expandierenden Handel mit Pflanzen, die Gestaltung repräsentativer Gartenanlagen und die Bedeutung von Naturforschung und Pflanzenmalerei.
Exemplarisch wollen wir uns diese Phänomene anhand von ausgewählten Werken des aus Forbach stammenden Autors Johann Fischart aus dem 16. Jahrhundert, der Liedübersetzungen aus dem Umkreis der Königsberger Kürbishütte im 17. Jahrhundert sowie den Pflanzengemälden der Naturforscherin und Blumenmalerin Maria Sibylla Merian am Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert erschließen. |