Kommentar |
Am 16. Dezember 2020 eröffnete – begleitet von kritischen Stimmen aus Presse, Wissenschaft und Aktivismus – eines der teuersten und ambitioniertesten Kulturprojekte in der Geschichte der Bundesrepublik: das Humboldt Forum im wiedererrichteten Berliner Stadtschloss. Der Museumskomplex reiht sich mit seinen außereuropäischen ethnologischen Sammlungen in eine Tradition ähnlicher Institutionen ein, die zurzeit in der Kritik stehen: das Pariser Musée du quai Branly, das belgische Musée royal de l’Afrique centrale, das British Museum in London, um nur die bekanntesten Beispiele zu nennen. Während viele der Kritikpunkte nicht neu sind und schon seit der Eröffnung dieser Museen mehr oder weniger publikumswirksam vertreten werden, hat sich die Debatte nun seit einigen Jahren neu entfacht – spätestens seit 2018, als ein von der französischen Regierung in Auftrag gegebener Bericht (Sarr & Savoy) die Restitution vieler Kulturgüter forderte, die sich noch immer als „Ethnografika” in den Beständen und Ausstellungen der genannten Museen befinden.
Die Debatte um die Dekolonisierung von Museen, von Ausstellungspraxis und ethnographischen Sammlungen hat nun viele Problematiken zutage gebracht, die auch über das Museum als Ausstellungsraum hinausgehen. Zum einen wird es in diesem Seminar also um das Aufdecken kolonialer und rassistischer Fortschreibungen in Darstellungspolitiken und kuratorischer Praxis gehen. Zum anderen soll das Museum aber auch als Ort im öffentlichen Raum verstanden werden, an dem gesellschaftlich-politische Aushandlungsprozesse geschehen: Welche Rolle spielt die koloniale Vergangenheit in der Erinnerungskultur einer Nation? Aus wessen Perspektiven verstehen und erzählen wir die „Welt”? Wie produzieren Wissenschaften wie die Ethnologie dieses Weltbild? Und können Museen nicht vielleicht auch Labore sein, um eine neue Ethik des Zusammenlebens zu entwickeln?
Das Seminar Décolonisons les arts! versteht sich als ein Raum der akribischen Textlektüre, aber auch der Diskussion und des Austausches. Darum werden verschiedene Sitzungen von Gastdozent*innen (mit)gestaltet, und die Diskussionen sind grundsätzlich auch für UdS-externe Interessierte geöffnet. Zudem wird es 2 Filmabende in Kooperation mit dem Kino 8 1/2 geben.
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Voraussetzungen |
Das Seminar erfordert die Lektüre von Texten in deutscher, französischer und englischer Sprache. Die Unterrichtssprache ist in der Regel deutsch, wobei Fragen und Beiträge auf Englisch oder Französisch selbstverständlich möglich und gewünscht sind.
Da die Teilnehmer*innenzahl des Seminars begrenzt ist, senden Sie mir doch bitte zusätzlich zur Anmeldung im LSF eine kurze Email und beschreiben Sie in 3-4 Sätzen Ihr Interesse an diesem Kurs. Eine ‚freiwillige‘ Teilnahme ohne Prüfungsleistung ist möglich.
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