Kommentar |
Karibische Literatur- und Kulturtheorie I: Sozialhistorische Perspektiven auf die Literatur der Créolité
Der karibische Raum spielt seit jeher eine besondere Rolle in der Geschichte der Moderne. Durch den Einfluss des transatlantischen Versklavungshandels, post-abolutionistische Leiharbeiter:innen aus Asien und diverse weitere Migrationszusammenhänge ist er seit langem ein Ort der Inter- und Transkulturalität und in seinem Erfahrungshorizont den europäischen Gesellschaften voraus, die sich oft nur zögerlich als Einwanderungskontexte begreifen. Nicht zuletzt bedingt durch diese Situation als ‚Laboratorium der Moderne‘ haben die sozialen und politischen Diskurse in der Karibik zahlreiche Politiker:innen, Denker:innen und Künstler:innen hervorgebracht, die – wie C.L.R. James, Aimé Césaire, Frantz Fanon, Édouard Glissant, Stuart Hall oder Maryse Condé – einen entscheidenden Einfluss auf globale Diskurse hatten und noch immer haben.
Innerhalb dieser Theoriebildung zu Kunst und Gesellschaft interessiert sich das Proseminar Karibische Literatur- und Kulturtheorie I vor allem für die Bewegung der Créolité auf Martinique, die 1989 mit ihrem Manifest Éloge de la Créolité auf den Plan getreten ist. Die Initiatoren kritisieren darin die neokoloniale Abhängigkeit der Insel von Frankreich und die kulturellen Auswirkungen dieser Abhängigkeit und berufen sich stattdessen auf eine eigene „Identität”, die sie, im Anschluss an Édouard Glissant, als transkulturell, als kreolisch beschreiben. Das Konzept der Kreolität hat seitdem in der postkolonialen Theoriebildung großen Anklang gefunden, und auch mit ihren Romanen hat die Créolité Einfluss auf die lokale und globale Literaturlandschaft genommen, wie der Prix Goncourt für Patrick Chamoiseaus Texaco (1992) beweist.
Mit der heutigen Kritik an poststrukturalistischer Theorie und der (erneuten) Betonung sozialer Fragestellungen liegt es nun nahe, auch die Créolité in dieser Hinsicht kritisch zu hinterfragen. Das Proseminar wird daher die Entwicklung der Gesellschaftsstrukturen und des gesellschaftlichen Diskurses auf Martinique erörtern und die Implikationen dieses Diskurses auf die Literatur der Créolité analysieren. Ziel dabei ist nicht zuletzt auch ein tieferes Verständnis von, sowie ein kritischer Blick auf postkoloniale Theoriebildung.
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Bemerkung |
Hybrid-Lehre: Insofern es die Situation im Wintersemester zulässt werden möglichst viele der Sitzungen in Präsenz stattfinden. Gleichzeitig wird es immer die Möglichkeit geben, den Sitzungen auch über Microsoft Teams zu folgen. Es ist zu empfehlen, dass Sie sich MS Teams im Vorfeld herunterladen und auf Ihrem PC installieren, anstatt es im Browser zu verwenden. Bitte informieren Sie mich im Vorfeld per Email, falls Sie an einzelnen oder allen Sitzungen nicht in Präsenz, sondern über Microsoft Teams teilnehmen möchten.
Zusätzlich zu den regulären Kursterminen sind die Teilnahme an der socare-Konferenz (Online-Veranstaltung) und einer Kino-Veranstaltung (Präsenz), sowie ein Gastvortrag geplant. Die Seminarsitzung mit Gastvortrag wird komplett auf Microsoft Teams stattfinden.
Das Seminar erfordert die Lektüre von Texten in deutscher, französischer und englischer Sprache. Alle Kursmaterialien sind im Team auf Microsoft Teams verfügbar.
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Leistungsnachweis |
Studienleistungen: Zum Bestehen des Kurses ist die gewissenhafte Vorbereitung der Unterrichtsmaterialien erforderlich. Entwickeln Sie im Rahmen Ihrer Vorbereitungen bitte 3 Fragen, die Sie an den Text / das Video etc. stellen. Diese können Verständnisfragen sein, sollten aber vor allem einem kritischen Weiterdenken über das Material dienen. Stellen Sie außerdem eine kurze Internetrecherche zu den jeweiligen Autor:innen an, um Hintergründe zu den Materialien in Erfahrung zu bringen. Zu jeder Sitzung wird es außerdem 2-3 Textpat:innen geben. Diese bereiten die jeweiligen Materialien besonders akribisch vor und werden in der Sitzung als Expert:innen zurate gezogen.
Prüfungsleistungen: Das Proseminar schließt entweder mit einer Hausarbeit (5 CP, benotet, ca. 30.000 Zeichen / 15 Seiten) oder mit einem Referat mit Handout (4 CP, unbenotet) ab. MA IK-Studierende (Wahlpflichtbereich, Vertiefungsmodul) schreiben 1-2 Essays (11-15 Seiten) als Teil des Portfolios. Studierende aus der auslaufenden Ordnung des BA DFS schreiben im Modul Interkulturelle Kommunikation eine Klausur; bitte sagen Sie mir zu Semesterbeginn Bescheid, falls das auf Sie zutrifft.
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