Eine ausgewachsene Theater-Novela ist Goethes Spektakel um die vom Mannesentzug geplagte STELLA und ihre Leidensschwester Cäcilie: unsagbarer - aber wortreich beschworener - Herzschmerz mit einer Prise Sturm und Drang. Bei der Uraufführung 1776 propagierte der Autor eine Ménage-à-trois als Allheilmittel für die liebeskranken Dulderinnen und den notorischen Fremdgänger mit Gefühl und verärgerte aufgeklärte Zuschauer*innen ebenso wie er Moralist*innen verstörte. Dreißig Jahre später verpasste der gereifte Goethe seinem „Schauspiel für Liebende” kurzerhand das Etikett „Tragödie” und einen neuen Schluss und entsorgte nun seine Titelheldin und den Womanizer Fernando per Suizid. Ob das die sozialverträglichere Lösung ist, werden wir dem Publikum überlassen, denn wir zeigen kurzerhand beide Varianten und lassen dabei Goethe als streitbare Bühnenfigur mitmischen.
Als erotisch-literarische (Karaoke)-Pop-Oper verschmelzen wir den deutlich gestrafften Bühnentext mit Songs der 80er Jahre von Ikonen wie Bonnie Tyler, Cyndi Lauper, Kate Bush und vielen anderen. Lustvoll und exzessiv wird das „Warten” (auf Fernando, auf Erlösung von sich selbst, auf etwas, das „larger than life” ist) zur Kunstform erhoben. Mit dem nötigen Humor interpretieren wir Goethes Drama als Spielwiese für wechselseitige Projektionen, untersuchen das komische Potenzial von Entbehren und Begehren und stellen uns der erotischen Aufladung um überkommene (oder gegebenenfalls noch nicht überkommene) geschlechterspezifische Wahn-, Trug- und Wunschbilder. Zwischen ABBA, Moulin Rouge und Eierkuchen begeben wir uns so auf eine theatralische Reise in die Welt der Klöppeldecken und Postkutschen, um uns unversehens im Morast um Patchwork-Familien, Swingerparties und Pubertätswehen wiederzufinden.
Studierende, die gerne selber singen, sind herzlich eingeladen, sich im Rahmen der Inszenierung auszuprobieren, allerdings ist das keine Teilnahme-Voraussetzung. Ebensogut kann und soll mit Playbacks gearbeitet werden.