Kommentar |
Soziale Gefühle gehören zu denjenigen Gefühlen, die keine bloßen feelings, sondern emotions bzw. Emotionen sind.
Emotionen sind Gefühle, welche auf ein Objekt gerichtet sind und eine bestimmte Vorstellung dieses Objekts umfassen, mag dieses Objekt nun ein konkreter Gegenstand sein oder aber ein formales Objekt, d.h. ein Bündel von Eigenschaften, die in verschiedenen konkreten Gegenständen vorhanden sein können. Insoweit haben Emotionen einen kognitiven Inhalt. Allerdings kann die Frage gestellt werden, ob uns Emotionen etwas über die Beschaffenheit ihres Objekts lehren, oder ob wir in ihnen bloß einen subjektiven Inhalt projizieren.
Außerdem hat das Objekt von Emotionen eine Bedeutung für das Subjekt. In dem Sinne wird das Objekt der Emotion vom Subjekt der Emotion bewertet. Wegen dieser evaluativen Dimension 1. motivieren uns Emotionen, wie die Etymologie uns bereits lehrt, 2. können Emotionen als richtig bzw. rational bzw. gut oder aber als unangemessen bzw. als irrational oder als unmoralisch beurteilt – und gebilligt oder verurteilt – werden. Darum sind nicht nur Handlungen und Meinungen, sondern auch Gefühle Gegenstand von Normen und normativen Theorien, etwa von ethischen Urteilen. Und genauso wie bei Handlungen und Meinungen stellt sich die Frage nach den Ursachen der normativ bewerteten Emotionen.
Soziale Gefühle sind Emotionen, die sich auf intersubjektive Verhältnisse beziehen und von diesen Verhältnissen teilweise verursacht oder zumindest dadurch bedingt sind. Das soziale Leben ruft soziale Emotionen hervor.
Die erste Hälfte des Seminars wird der Analyse der Emotionen im Allgemeinen und der sozialen Gefühle insbesondere gewidmet sein. Die zweite Hälfte des Seminars wird mittels dieser allgemeinen begrifflichen Analyse eine Auswahl von sozialen Gefühlen sowie ihre jeweiligen Ursachen untersuchen: Freundschaft (samt deren Gemeinsamkeiten mit und Unterschieden zu Liebe), Scham, Schuldgefühl und Neid. Ein Reader mit allen Texten, die im Seminar gelesen werden, wird zum Semesteranfang zur Verfügung stehen.
Um Voranmeldung bei: j.c.merle@mx.uni-saarland.de werden diejenigen Studierenden gebeten, die dieses Seminar in ihr Fach Philosophie einbringen. Diejenigen HoK-Studierenden, die dieses Seminar als Teil des „ITM Emotionen“ belegen, müssen sich über den LSF-Eintrag „ITM Emotionen“ anmelden.
Literaturhinweise
Zu den Emotionen im Allgemeinen
Döring, Sabine (Hrsg.) 2009: Philosophie der Gefühle, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Hastedt, Heiner 2005: Gefühle, Stuttgart: Reclam. Sousa, Ronard de 2009: Die Rationalität des Gefühls, übers. von Helmut Pape, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Wollheim, Richard 2001: Emotionen. Eine Philosophie der Gefühle, übers. von Dietmar Zimmer, München: C.H. Beck.
Zur Auswahl von sozialen Emotionen
Eicher, Klaus-Dieter (Hrsg.) 1999: Philosophie der Freundschaft, Leipzig: Reclam. Smith, Richard H. (Hrsg.) 2008: Envy: Theory and Research, Oxford: Oxford University Press. Williams, Bernard 2000: Scham, Schuld und Notwendigkeit: eine Wiederbelebung antiker Begriffe, übers. von Martin Hartmann, Berlin: Akademie-Verlag. |