Die religiöse Lehre des Buddhismus verheißt dem Menschen eine Möglichkeit der Selbst-Transzendierung, die in ihrer Logik dem westlichen Denken nicht unmittelbar zugänglich ist. Die buddhistische Erleuchtung, das Nirvāna, kann nur im Zustand einer paradoxalen Einheitlichkeit erreicht werden, in welchem identische Begriffe einander gegensätzlich sind und gegensätzliche miteinander identisch: „A is not A, therefore it is A” (Shigenori Nagatomo). Umgekehrt formuliert: Zwischen Subjekt und Objekt besteht kein Unterschied, und dennoch bleibt weiterhin ein Unterschied bestehen, nämlich „der Unterschied des Nicht-Unterschieds” (Daisetz T. Suzuki). Diese paradoxale Einheitlichkeit ist nahezu allen Formen westlicher Logik fremd.
In seiner ‚anderen‘, nicht-dualistischen Einstellung ist der Buddhismus nichtsdestotrotz für die Weltliteratur, insbesondere auch für die Literatur des Westens, erkenntnistheoretisch interessant. Vor allem seit dem frühen 20. Jahrhundert beginnen mehrere Autoren, die ‚Andersartigkeit‘ des Buddhismus fiktional zu bearbeiten. Einige bedienen sich der buddhistischen Thematik dabei nur eher vordergründig; andere hingegen versuchen, ihre literarischen Werke gänzlich über die paradoxale Identität des Nicht-Identischen bzw. Nicht-Identität des Identischen zu organisieren.
Um einen Einblick in die Natur buddhistischer Paradoxa zu gewinnen, werden wir uns zu Beginn mit grundlegenden Einführungen in den Buddhismus beschäftigen; erst nach etwa der dritten Sitzung werden dann fiktionale Texte auf dem Programm stehen.
Der nähere Ablauf des Seminars wird in der ersten Sitzung (20. April) besprochen. |