Kommentar |
Ethische „Universalisten“ werben für ein Verhalten, dem alle potentiell betroffenen Individuen zustimmen könnten. Falls zu diesen potentiell betroffenen Individuen auch sämtliche in naher oder selbst beliebig ferner Zukunft erst in die Existenz kommenden Subjekte mit ihren mutmaßlichen Interessenlagen gehören sollten, muss man sich die Frage stellen:
Darf die Menschheit und darf ich als ein Teil von ihr überhaupt noch irgendwelche Ressourcen verbrauchen, die nicht in dem ungefähren Umfang, in dem sie verbraucht werden, sich auch wieder neu bilden oder neu zur Verfügung gestellt werden können (und zwar nicht innerhalb von Millionen von Jahren, sondern z. B. in der Zeitspanne von, sagen wir, fünfzig Jahren, innerhalb deren sie verbraucht werden)?
Es ist klar, dass sich die Menschen insgesamt seit langer Zeit, u. a. in der Folge einer erschreckenden Vergrößerung der Individuenzahl, massiv anders verhalten, als es durch diese Frage nahe gelegt wird: vom Verbrauch von fossilen Energieträgern über die Nutzung von Metallen, Phosphat (für Düngungszwecke), Bausand usw. – soweit diese Materialien nicht oder nicht annähernd vollständig recycled werden – bis hin zum Verbrauch von Kohlendioxid-Speicherungskapazität von Atmosphäre und Ozeanen. Dass dabei gleichsam nebenher enorme Verluste von Naturräumen und Artenvielfalt zu verzeichnen sind und weiterhin laufend stattfinden, ist ebenfalls nicht zu übersehen, wenn man die Augen ein wenig offenhält.
Was also tun? Die meiste Zeit im Bett verbringen und sich möglichst wenig bewegen, um so wenig an Ressourcen wie irgend möglich zu benötigen? Den Versuch machen, das Ruder zusammen mit möglichst vielen anderen entscheidend herumzuwerfen? Den Universalismus ein Stück weit verabschieden und sich auf den Standpunkt stellen, dass die fernere Zukunft, weit jenseits unserer eigenen Lebensspanne, uns grundsätzlich nicht zu interessieren braucht?
In diesem Seminar sollen einige Texte durch Teilnehmerinnen und Teilnehmer referiert und zusammen besprochen werden, die dabei helfen könnten, die Diskussion solcher Fragen auf eine vernünftige Grundlage zu stellen, und zwar voraussichtlich (ganz oder in Auszügen): D. Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen (Stuttgart 1988); ders., Klimaethik – Nach uns die Sintflut? (Stuttgart 2016); G.Fuller, Das Ende – Von der heiteren Hoffnungslosigkeit im Angesicht der ökologischen Katastrophe (Hamburg 2017). |