Kommentar |
Latein - keineswegs, wie oft fälschlich behauptet, eine "tote" Sprache, sondern ganz im Gegenteil in verwandelter Form bis zum heutigen Tage höchst lebendig, und dies nicht allein in seinen romanischen "Töchtern", sondern auch in ihrem außerordentlichen Einfluß auf alle europäischen Kultursprachen. Dies gilt nicht nur für die Lexik (Fremd-, Lehn- und Kulturwörter u.ä.); bis hinein in die Strukturen dessen, was überhaupt in den abendländischen Sprachen ausgedrückt wird, läßt sich das Abbild des Lateinischen nach wie vor durchaus erkennen. Daß hierdurch die Sprache der "alten" Römer auch uns Heutigen immer noch herausragende Möglichkeiten der Reflexion an die Hand gibt, was Sprache überhaupt sei (namentlich, aber nicht nur, rhetorisch und künstlerisch gestaltete Sprache), das ist eben aus diesem Grunde keine neue Einsicht. Jedoch möchte die Vorlesung (im Anschluß an frühere Veranstaltungen dieser Art) diesen Ansatz dadurch vertiefen, daß mit Hilfe wichtiger Erkenntnisse und Grundbegriffe der modernen linguistischen Theorie die Art und Weise betrachtet werden soll, wie das Lateinische grundlegende Funktionen von Sprache als System in seiner spezifischen historischen Entwicklung umsetzt, also in enger Verbindung von "historischer" (diachroner) und "allgemeiner" (synchroner) Sprachwissenschaft. Dabei sollen diejenigen Funktionen der lateinischen Sprache besonders in den Blick genommen werden, die sie als Texte, teilweise als Kunstwerke erfüllen. Ein großer Teil der Betrachtungen wird also der Stilistik, der umfassenderen rhetorisch-künstlerischen Struktur lateinischer Texte und dem gewidmet sein, was die moderne Sprachwissenschaft als "Pragmatik" bezeichnet: den Gebrauch der Sprache ja nach unterschiedlichen Kommunikationssituationen. Dies mag auch für die philologische Interpretation wertvolle Hilfen bieten, denn Literatur entsteht ja nicht im "stillen Kämmerlein", sie ist vielmehr zuvörderst Kommunikation. |
Literatur |
eine ausführliche Bibliographie wird unter MS Teams zur Verfügung gestellt
zur Einführung: Peter Riemer: Sprachgeschichte, in: Peter Riemer / Michael Weißenberger / Bernhard Zimmermann (Hrsgg.): Einführung in das Studium der Latinistik (3. Aufl. München 2013), 43-53; Johannes Kramer: Geschichte der lateinischen Sprache, in: Fritz Graf (Hrsg.): Einleitung in die lateinische Philologie (Stuttgart / Leipzig 1997), 115-162; Leonard Palmer: Die lateinische Sprache. Grundzüge der Sprachgeschichte und der historisch-vergleichenden Grammatik (aus dem Englischen übersetzt von Johannes Kramer; 2. Aufl. Hamburg 2000); Johann Baptist Hofmann / Anton Szantyr: Lateinische Grammatik, Zweiter Band: Lateinische Syntax und Stilistik (2. Ndr. der 1965 ersch., 1972 verb. Aufl. München 1997); Andrew L. Sihler: New Comparative Grammar of Greek and Latin (Oxford 1995); Michael Weiss: Outline of the Historical and Comparative Grammar of Latin (2. Aufl. Ann Arbor 2011)
zum Lateinischen unter aktuellen linguistischen Aspekten: Roland Hoffmann: Lateinische Linguistik. Beiträge zur Morphosyntax und Syntax in einzelsprachlicher und typologischer Perspektive (Hamburg 2017); Manfred Kienpointner: Latein - Deutsch kontrastiv. Vom Phonem zum Text (Tübingen 2010); Christian Touratier: Lateinische Grammatik. Linguistische Einführung in die lateinische Sprache (Darmstadt [WBG] 2013)
allgemein zu sprachwissenschaftlichen Grundlagen: Hadumod Bußmann (Hrsg.): Lexikon der Sprachwissenschaft (4. Aufl. Stuttgart 2008); Heidrun Pelz: Linguistik. Eine Einführung (11. Aufl. Hamburg 2013) |