Kommentar |
Wer den Fernseher einschaltet, die Zeitung liest, im Internet surft oder Radio hört, wird täglich mit ihr konfrontiert, denn sie ist allgegenwärtig: die Katastrophe. Und nicht selten werden ihr nahezu „biblische Ausmaße“ attestiert, viele glauben sogar an eine baldige Apokalypse, an ein Ende der Welt. Auch vor der Literatur machen Katastrophenszenarien jeglicher Couleur nicht Halt; der Literaturwissenschaftler Gert Ueding geht sogar so weit zu behaupten, dass es kaum ein Werk der Weltliteratur gäbe, in dem nicht „manifeste Katastrophen den Spannungsgrund, wenn nicht gar den Motor der Handlung abgeben.“ So scheint also auch die Literatur durchzogen zu sein von Unheil und Zerstörung. Doch was genau ist mit dem Begriff „Katastrophe“ eigentlich gemeint? Handelt es sich dabei zwangsläufig immer um ein singuläres Ereignis wie jüngst die Nuklearkatastrophe von Fukushima oder kann damit auch ein permanenter Zustand beschrieben werden? Und welche Rolle spielt die Katastrophe in der Literatur tatsächlich? Wie wird sie dort narrativ konstruiert, welche Funktion erfüllt sie im Erzählzusammenhang und wird sie nicht nur als Motiv, sondern möglicherweise auch als Metapher verwendet? Und wie kann es überhaupt sein, dass Leser angesichts fiktionalisierter Katastrophenerzählungen Faszination empfinden? Um den TeilnehmerInnen bei der Untersuchung verschiedenster Katastrophenszenarien einen möglichst umfassenden Überblick bieten und Entwicklungen herausarbeiten zu können, beschränkt sich das Seminar weder auf eine bestimmte Epoche, noch auf eine einzelne Gattung, sondern nimmt eine überzeitliche, medienübergreifende Perspektive ein. Neben kanonischen Katastrophentexten (u.a. Heinrich von Kleists „Das Erdbeben in Chili“) werden also auch Filme (wie z.B Roland Emmerichs „The Day After Tomorrow“ oder John Hillcoats „The Road“) und Computerspiele in den Blick genommen, um die Frage danach zu beantworten, welche Arten von Katastrophen sich unterscheiden lassen, wie diese jeweils medial verarbeitet, beziehungsweise ästhetisch (re-)inszeniert werden und welche Strategien Literatur anwendet, um die mit einer Katastrophe verbundenen Ängste und Traumata des Rezipienten beherrschbar zu machen und damit selbst eine Art von Katastrophenmanagement zu betreiben. |