Kommentar |
Das Seminar will ein Anliegen G. E. Lessings erarbeiten, wie es von der Lessing-Forschung so bislang noch nicht auf den Punkt gebracht wurde: unter den spezifischen Voraussetzungen der bürgerlichen Moderne ein Theater zu schaffen, das sich gleichwohl substanziell am ursprünglichen Theater zu Beginn der abendländischen Kulturgeschichte (was die griechische Tragödie ist) orientiert. Hierzu werden wir uns mit Lessings Auseinandersetzung mit der Tragödientheorie des Aristoteles und seiner damit einhergehenden Kritik an der französischen Klassik (im Deutschland seiner Zeit vor allem von Gottsched hochgehalten) beschäftigen, des Weiteren mit den hintergründigen Bezügen seiner „Miss Sara Sampson“, des ersten deutschen bürgerlichen Trauerspiels, zur antiken „Medea“. Das Programm, in zeitgemäßer Adaptation den ursprünglichen Sinn und Zweck von Theater zu bewahren (die Katharsis, wie sie für Lessing von zentraler Bedeutung war und zu Innovationen wie eben der Begründung des bürgerlichen Trauerspiels in Deutschland führte) erscheint der Erinnerung wert – auch und gerade in einer Zeit, da das Theater als allgemeine Kulturinstitution, um dessen Etablierung Lessing noch kämpfte, in eine existenzielle Krise geraten zu sein scheint (hierzu etwa die kritische Bestandsaufnahme von Gerhard Stadelmeier, „Hoppla, wir sterben“, Aufmacher des Feuilletons der FAZ vom 18.7.2014).
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