Fakes, Lügen und Desinformationen sind Instrumente der hybriden Kriegsführung totalitärer Staaten gegen die freie Welt; im Inland werden sie von Radikalen und Populisten genutzt, um die freiheitlich-demokratische Grundordnung unseres Gemeinwesens zu untergraben. Die dreizehnte Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung denkt über Aspekte des Phänomens im literarischen Feld nach und schlägt Brücken zu Debatten und Fragen unserer Gegenwart.
Der „Mangel der Übereinstimmung unserer Worte und Geberden mit unsern Gedanken”, wie der Dresdner Lexikograph Johann Christoph Adelung im 18. Jahrhundert in seinem berühmt gewordenen Wörterbuch formuliert, ist seit der Antike ein beliebtes Motiv in der Literatur: Täuschung und Betrug werden als handlungsauslösende Momente eingesetzt, Lügengeschichten, Über- oder Untertreibungen tatsächlicher Begebenheiten beziehungsweise der offensichtliche Schwindel zur Unterhaltung und Belehrung des Lesepublikums erzählt, Halb- und Unwahrheiten sind wesentliche Mittel der persuasiven Strategie von Texten.
Die Beschäftigung mit der Literatur und das Verständnis ihrer Mechanismen soll daher auch einen Beitrag zur Verteidigung demokratischer Grundwerte leisten.
Die Vorlesungen dauern in der Regel eine Stunde. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen und mit den Vortragenden ins Gespräch zu kommen.
Programm:
Die Kunst des Schwindelns und der Schwindel der Kunst: Thomas Manns „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull”
Professor Dr. Sascha Kiefer (Neuere Deutsche Literaturwissenschaft)
Fiktion und Fake News um Nero. Das Bild des Kaisers in den historischen Quellen
Professor Dr. Christoph Kugelmeier (Klassische Philologie)
Handschriften und Texte in der slavischen Welt: echt, gefälscht, imaginiert?
Professor Dr. Dr. h. c. Roland Marti (Slavische Philologie)
Falsche Propheten – Literatur und Identität
Professor Dr. Martin Meiser (Evangelische Theologie)
Gefälschte Autorschaft: Betrügerische Schriftstellerfiguren in Literatur und Film
Dr. Claudia Schmitt (Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft)
Listige Helden, intrigante Verräter und lügende Inschriften – Zur narrativen Inszenierung von Fake News im Mittelalter
Dr. Stephanie Mühlenfeld (Ältere Deutsche Literaturwissenschaft)
Ist die Aufklärung ein gescheitertes Projekt? Einige programmatische Überlegungen zur Geistes- und Literaturwissenschaft im „postfaktischen” Zeitalter
Privatdozent Dr. Thomas Petraschka (Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Medienwissenschaft)
Der falsche Mond: Phantastische Reisen, Fälschungen, Verschwörungen
Juniorprofessor Dr. Jonas Nesselhauf (Europäische Medienkomparatistik)
„Gab es falsche Gedanken oder nur unverständliche?” – Das Dilemma von Wirklichkeit und Schreiben im Journalistenroman „Die Fälschung” (1979) von Nicolas Born
Privatdozent Dr. Hermann Gätje (Neuere Deutsche Literaturwissenschaft)
Post-Truth, Alternative Facts und Fake News – Amerikanische Literatur in der Trump-Ära
Professorin Dr. Astrid Fellner (Nordamerikanische Literatur- und Kulturwissenschaft)
Von erfundenen Gefangenen und imaginären Torturen. Fake News im Kontext des Sturms auf die Bastille am 14. Juli 1789
Professor Dr. Hans-Jürgen Lüsebrink (Romanische Kulturwissenschaft und Interkulturelle Kommunikation)
Dynamiken der Täuschung in Adaptionen von E. T. A. Hoffmanns Erzählungen
Dr. Laura Vordermayer (Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft)
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