Kommentar |
HS, 2std., Donnerstag, 16.15-17.45 Uhr, wöchentlich, Beginn: 05.11.2020 (auf MS-Teams)
Die Veranstaltung wird von Prof. Lüsebrink (Romanistik/Interkulturelle Kommunikation), Dr. Rampeltshammer (Soziologie, Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt) und Ulrike Dausend (Poltikwissenschaft, Netzwerk Entwicklungspolitik Saarland) gemeinsam angeboten.
Viele Weltregionen sind derzeit von gesellschaftlichen Umbrüchen und tiefgreifenden Transformationen geprägt, gegen die sich Widerstände in der Bevölkerung organisieren, die immer häufiger in kollektive Proteste münden. Es formieren sich aber auch zunehmend Protestbewegungen, um gegen lange währende strukturelle Ungleichheiten, wie sie z.B. durch Rassismus und Neoliberalismus befördert werden, anzukämpfen. Dabei richten sich die Proteste in der Regel gegen Entscheidungen von staatlichen Einrichtungen oder von Unternehmen.
Nach Albert O. Hirschman lassen sich drei unterschiedliche Formen des Umgehens mit unzufriedenstellenden Situationen unterscheiden: „Exit, Voice und Loyalty” (Hirschman 1970). Bei Protesten handelt es sich, soziologisch betrachtet, um die Artikulation von Widerspruch („Voice”). Häufig münden kollektive Proteste in Soziale Bewegungen, die oft spontan bleiben (z.B. Gelbwesten/Gilets jaunes, Fridays for Future oder Black Lives Matter), manchmal aber auch auf Dauer gestellte Organisationen ausbilden (z.B. Amnesty International, Greenpeace usw.); in einzelnen Fällen entstehen daraus auch Parteien (z.B. die Sozialdemokratie oder die Grünen).
Proteste variieren in ihrer Form, in ihrem Adressaten, ihren Trägern, in ihren Inhalten und in ihrer medialen und politischen Wirkung erheblich über Zeit und Raum. Aus diesem Grund ist die Befassung mit Protesten eine Herausforderung für die Soziologie, die Politikwissenschaften, die Kultur- und Medienwissenschaften und für die Interkulturelle Kommunikation. Das Seminar befasst sich daher mit Unterschieden und Gemeinsamkeiten von aktuellen Protestbewegungen in interkultureller Perspektive. Dabei stehen regional Bewegungen in Deutschland und Frankreich, in den europäischen Nachbarstaaten sowie in Lateinamerika im Zentrum. Einen zentralen Themenbereich des Seminars bildet der deutsch-französische Vergleich von Protestbewegungen seit dem Mai 68 bis zu den aktuellen Black Lives Matter-Protesten und die interkulturellen Bezüge zwischen deutschen und französischen Protestkulturen und ihren medialen Ausdrucksformen.
Der interdisziplinäre Ansatz des Seminars ist in den unterschiedlichen fachlichen Zugehörigkeiten der Veranstalter zur Romanstik/Kulturwissenschaft/interkulturellen Kommunikation (Prof. Lüsebrink), und zur Soziologie (Dr. Luitpold Rampeltshammer, Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt, Ulrike Dausend M.A. (Politikwissenschaft, Netzwerk Entwicklungspolitik Saarland) verankert und wird durch Vorträge auswärtiger Gäste aus den Bereichen Geschichtswissenschaft, Interkulturelle Kommunikation und Soziologie ergänzt. Zur Beratung der TeilnehmerInnen des Seminars und zur Betreuung der Referate und Hausarbeiten werden die VeranstalterInnen des Seminars regelmäßig gemeinsame Sprechstunden am Donnerstag vor den Seminarsitzungen von 15-16 Uhr anbieten (online auf MS-Teams, ggfls. später in Präsenz).
Das Seminar wird zunächst im November online auf MS-Teams stattfinden. Je nach Pandemielage und den hiermit verbundenen Auflagen werden das Seminar und die vorgesehenen Gastvorträge nach Möglichkeit später im Semester auch in Präsenz abgehalten.
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Literatur |
Grundlegende Forschungsliteratur:
Beyer, Heiko und Annette Schnabel: Theorien Sozialer Bewegungen. Campus; Della Porta, Donatella/Mario Diani: Social Movements. An introduction. Blackwell Publishing, 1999; Hirschman, Albert: Exit, Voice and Loyalty. Cambridge, Mass., Harvard University Press, 1970; Jensen, Uffa: Zornpolitik., Berlin, Suhrkamp, 2017; Koppetsch, Cornelia: Die Gesellschaft des Zorns. Rechtspopulismus im globalen Zeitalter. Bielefeld, Transkript, 2019; McAdam, Doug/Tarrow, Sidney/Charles Tilly: Dynamics of Contention. Cambridge University Press, 2001; Niese, Kristof: „Vademekum” der Protestbewegung? Transnationale Vermittlungen durch das Kursbuch von 1968 bis 1975. Baden-Baden. Nomos-Verlag, 2017; Charles Tilly. Social Movements 1768 - 2004. Paradigm Publishers, 2004; Luhmann, Niklas:. Protest. Systemtheorie und soziale Bewegungen. Frankfurt/Main, Suhrkamp, 1996; Zeitschrift „Kursbuch”, Nr. 200, Dezember 2019: „Revolte 2020”.
Alle genannten Titel und die sonstige grundlegende Forschungsliteratur zum Seminar stehen ab 20.10. in der SULB in einem Seminarapparat zur Verfügung. Grundlegende Aufsätze werden den TeilnehmerInnen als Downloads zu Beginn des Semesters zur Verfügung gestellt. |