Kurzkommentar |
ACHTUNG: Die Veranstaltung geht über zwei Semester. Sie beginnt im Wintersemester digital mit einer literaturwissenschaftlichen Einführung in das Stück, dann folgen Rollenvergabe und erste Proben. Die Premiere sowie zwei weitere Probewochenenden finden im Sommersemester statt.
Bitte melden Sie sich nur an, wenn Sie auch an den Terminen im Sommersemester teilnehmen können!
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Kommentar |
Im Gegensatz zur literaturwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Bühnentexten ist die Beschäftigung mit deren theatralischer Umsetzung auf der Bühne innerhalb der universitären Lehre exzeptionell: Nach Frank Wedekinds Frühlings Erwachen und der online erarbeiteten Inszenierung von Ödön von Horváths Kasimir und Karoline wird mit Fräulein Else in der zweisemestrigen Lehrveranstaltung erstmals ein Prosatext dramatisiert. Mit den Teilnehmenden zunächst per Blockseminar-Videokonferenzen im Wintersemester szenisch vorbereitet, soll Fräulein Else im Sommersemester 2021 in der Aula der UdS mit allen gebotenen Abstandsregelungen zur Uraufführung gebracht werden. Der theaterpraktischen Arbeit vorangestellt ist eine Einführung durch die Literaturwissenschaftlerin Dr. Stephanie Blum. Wir bringen mit dieser Lehrveranstaltung erneut Studierende, die im Rahmen ihres Erststudiums als Ergänzungsfach den Bachelor Optionalbereichbelegen, und solche, die sich als Gasthörer*innen des ZelL (Zentrums für lebenslanges Lernen) wissenschaftlich weiterbilden, in einem gemeinsamen Projekt zusammen.
Arthur Schnitzlers Monolog-Novelle Fräulein Else gilt aufgrund ihrer erzählerischen und psychologischen Meisterschaft als Klassiker der Moderne. In ihrer schonungslos demaskierenden Abbildung zwischenmenschlicher Verhaltensmuster, gesellschaftlicher Erwartungshaltungen und geschlechterspezifischer Konventionen hat sie auch nach fast 100 Jahren nichts an Aktualität eingebüßt.
„Seine Augen werden sich in meinen Ausschnitt bohren. Widerlicher Kerl. Ich hasse ihn. Alle Menschen hasse ich… Am liebsten möcht’ ich tot sein.“
Zerrissen von den Ansprüchen, Zuschreibungen und Bedürfnissen, die an Else herangetragen werden, muss sie zwischen Loyalität gegenüber ihrer Familie, gesellschaftlichem Status Quo, körperlicher Integrität und sexueller Selbstbestimmung wählen, ein unlösbarer Konflikt, der letztlich in ihrem Selbsttötungsversuch gipfelt. Ausschließlich aus der subjektiven, einem nicht linearen Gedankenfluss nachempfundenen Ich-Perspektive der weiblichen Titelfigur erzählt, operiert der versierte Dramatiker Schnitzler mit Gedankensprüngen, Auslassungen, Kommentaren und vor allem rekapitulierten Gesprächsfetzen, so dass durch diesen Kunstgriff neben Else auch die verschiedenen Antagonist*innen immer wieder zu Wort kommen und plastisch Gestalt annehmen. Das machen wir uns für unsere Dramatisierung zunutze. Die 20-jährige Else als Identifikationsfigur für die ungefähr gleichaltrigen Studierenden soll hier mehrfach besetzt werden, so dass parallel zueinander verschiedene Else-Darstellerinnen einerseits mit den anderen Figuren interagieren, andererseits das Geschehene und Gesehene von außen unmittelbar kommentieren können. Diese Setzung ermöglicht es uns, die Textlast des Monologs auf mehrere Schultern zu verteilen, eine Besetzungsgerechtigkeit bei den vielen, oft überwiegend weiblichen Theaterinteressierten zu gewährleisten und dabei verschiedene Facetten der Figur aufgrund der Unterschiedlichkeit der Spielerinnen auszuloten. Unsere Else wird somit zu einem vielstimmigen Chor einer jungen Frauen-Generation, der selbstverständlich spannende gleichaltrige und - insbesondere in der Figur des machtbewussten Kunsthändlers Dorsday - ältere Gegenspieler*innen hat. Abhängig von der Konstellation der Teilnehmer*innen werden weitere dramaturgische Überlegungen und die Spielfassung wie immer der jeweiligen Gruppenzusammensetzung angepasst.
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Bemerkung |
MAREILE METZNER schloss ein Anglistik-Grundstudium in Frankfurt am Main ab, wechselte zum Hauptstudium für Theaterwissenschaften und Komparatistik an die Freie Universität Berlin, entschied sich aber mit ihrer Aufnahme als Schauspielstudentin an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Graz gegen eine akademische Laufbahn und für die Praxis. Nach Festengagements am Luzerner Theater und am Rheinischen Landestheater Neuss lebt und arbeitet sie seit 2002 wieder freischaffend in Berlin. Von dort aus ist sie seitdem als Gast an diversen städtischen Theatern sowie in zahlreichen, zum Teil prämierten freien Produktionen im gesamten deutschsprachigen Raum zu sehen. Seit 2010 arbeitet Mareile Metzner auch als Regisseurin. So inszenierte sie am Theater Ansbach ihre eigenen Klassiker-Bearbeitungen von Miss Sara Sampson (eingeladen zu den Kamenzer Lessing-Tagen 2011) und Das Käthchen von Heilbronn sowie Tschick. Unter dem Label metzner&schüchner brachte sie am Theater an der Glocksee Hannover die Stückentwicklung Nicht von schlechten Eltern zur Uraufführung, am Theater unterm Dach Berlin die Uraufführung von Tobias Schwartz’ Der Theaterkritiker sowie als Regisseurin, Autorin und Spielerin die musikalische Solo-Performance Breaking Brunhild. Als Lehrbeauftragte an der Universität des Saarlandes erarbeitete sie von 2011 bis 2014 im Rahmen der Veranstaltungsreihe Text und Inszenierung mit studentischen Ensembles Lessings Miss Sara Sampson und Schillers Maria Stuart und 2018/19 und 2020 im Rahmen der jeweils gleichnamigen theaterpraktischen Lehrveranstaltungen Frank Wedekinds Frühlings Erwachen und Ödön von Horváths Kasimir und Karoline.
www.mareile-metzner.de |
Zielgruppe |
Obligatorisch ist aus organisatorischen Gründen sowohl für Studierende des Bachelor Optionalbereichs als auch für Gasthörer*innen des Zentrums für lebenslanges Lernen (ZelL) neben der Anmeldung über das LSF zusätzlich eine Anmeldung per Mail unter Angabe von Name, Motivation und gegebenenfalls laienschauspielerischer Erfahrung bei der Dozentin unter mareile.metzner@web.de.
Eine Nachrückoption besteht für alle Studierenden der Universität des Saarlandes, sollten aus dem Kreis vonBachelor Optionalbereich und Gasthörerstudium nicht alle Rollen besetzt werden können. |