Kommentar |
Mit dem Kampf gegen Simonie (Ämterkauf) und Nikolaitismus (Priesterehe) fanden die hochmittelalterlichen Kirchenreformer auch in Laienkreisen große Resonanz. Seit der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts traten in Frankreich und angrenzenden Regionen Prediger auf, denen es durch ihr Wort und ihr persönliches Beispiel gelang, breite Volksschichten für die Reformziele zu gewinnen und eine beachtliche Anhängerschaft von Männern und Frauen um sich zu scharen. In unstetem Wanderleben folgten sie dem vielbeschworenen Vorbild der Apostel; dabei gerieten sie nicht selten in Konflikt mit kirchlichen Amtsträgern. Während aber einige, wie Robert von Arbrissel († 1116) oder Norbert von Xanten († 1134), einlenkten und zu respektierten Ordensgründern wurden, radikalisierten sich andere, wurden als Ketzer verfolgt, teilweise sogar getötet.
Auf der Basis intensiver Quellenlektüre sollen im Seminar die gesellschaftlichen Auswirkungen der Kirchenreform am Beispiel der Wanderprediger erörtert werden. Im Focus wird dabei der schmale Grat zwischen „Rechtgläubigkeit” und „Häresie” stehen, insbesondere im Hinblick auf die Innovations- und Integrationsfähigkeit der (Amts-)Kirche des 11./12. Jahrhunderts. |
Literatur |
Christoph Auffarth, Die Ketzer. Katharer, Waldenser und andere religiöse Bewegungen, München 32016.
Heinrich Fichtenau, Ketzer und Professoren. Häresie und Vernunftglaube im Hochmittelalter, München 1992.
Malcolm Lambert, Häresie im Mittelalter. Von den Katharern bis zu den Hussiten, Darmstadt 2001.
Ernst Werner/Martin Erbstößer, Ketzer und Heilige. Das religiöse Leben im Hochmittelalter, Wien/Köln/Graz 1986. [Unveränderte Neuauflage unter dem Titel: Kleriker, Mönche, Ketzer. Das religiöse Leben im Hochmittelalter, Berlin 1992.] |