Kommentar |
Um einen geeigneten Ehemann für seine Tochter Agariste zu finden, ruft Kleisthenes, der Tyrann von Sikyon einen Wettbewerb aus. Jeder, der sich für würdig hält, soll sich in Sikyon einfinden. In Gesprächen, beim gemeinsamen Symposion und in sportlichen Wettkämpfen werden die Bewerber auf Herz und Nieren geprüft. Am besten gefällt ihm Hippokleides aus Athen. Als dieser jedoch beim letzten Bankett einen ungewöhnlichen Tanz aufführt, bei dem er mit dem Kopf auf dem Tisch steht und mit den Beinen im Takt schlenkert, ist Kleisthenes angewidert. „Sohn des Teisandros – vertanzt hast du dir die Hochzeit.” „Das kümmert Hippokleides nicht”, ist die Antwort des Atheners. (Hdt. 6,126-130)
Diese Anekdote (deren wahrer Kern vermutlich nur in der Eheschließung liegt) zeigt auf, welche Charakteristika der Werte- und Lebenswelt des "Adels" in archaischer Zeit gemeinhin zugesprochen werden. In diesem Seminar wird der „Adel” in seiner gesellschaftlichen und politischen Bedeutung im Prozess der Polisbildung untersucht. Dabei wird die Frage gestellt, wer aus welchen Gründen zum "Adel" gehörte, wie exklusiv diese Gruppe war und wie die Mitglieder miteiander verbunden waren.
In einem zweiten Schritt wird die Rolle des „Adels”, im politischen und gesellschaftlichen Leben des fünften Jahrhunderts analysiert.
Wir treffen uns erstmals am 24.04. (!) zum Seminar. Für die erste Woche erhalten Sie Texte (die ich auf Moodle einstellen werde) zur selbständigen Einarbeitung, über die wir dann am 24.04. sprechen.
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Literatur |
Christian Mann, Die Demagogen und das Volk, Berlin 2007.
Jan B. Meister, "Adel" und gesellschaftliche Differenzierung im archaischen und frühklassischen Griechenland, Stuttgart 2020 (mit Rezension von C. Mann, https://bmcr.brynmawr.edu/2021/2021.03.43/)
Winfried Schmitz, Nachbarschaft und Dorfgemeinschaft im archaischen und klassischen Griechenland, Berlin 2004.
Elke Stein-Hölkeskamp, Adelskultur und Polisgesellschaft, Stuttgart 1989.
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