Kommentar |
Im Jahre 8 n.Chr. traf den Dichter Ovid, in der Blüte seiner dichterischen Schaffenskraft, ein existenzieller Schicksalsschlag: Auf Geheiß des Princeps Augustus wurde er aus Rom verbannt. Über den Grund streitet die gelehrte Welt bis heute. In einer der Gedichtsammlungen, mit denen wir uns im Seminar beschäftigen wollen, kommt er nur in einer Andeutung auf ihn zu sprechen: perdiderint cum me duo crimina, carmen et error "Zwei Vergehen haben mich ja ins Verderben gestürzt: ein Gedicht und ein Irrtum" (Tristia II 207). Fest steht jedenfalls, daß der wie kein anderer mondäne poeta doctus fortan sein Leben in der Kleinstadt Tomis am Schwarzen Meer verbringen mußte, abgeschnitten von den kulturellen Möglichkeiten der Reichsmetropole Rom und getrennt von Familie und Freunden. Nur brieflich bzw. durch in dern Form von Korrespondenz gestaltete Dichtung konnte er den Kontakt halten; nach Rom durfte er nie mehr zurückkehren, bis er 17 n.Chr. in seinem Exil starb. Eine Auswahl aus diesen teils äußerst bewegend gestalteten Werken, die er in seiner Verbannung schuf, fünf Bücher Tristia ("Trauerelegien") und vier Bücher Epistulae ex Ponto ("Briefe vom Schwarzen Meer"), soll Gegenstand des Seminars sein. |