Kommentar |
Alternative Lebens- und Gesellschaftsentwürfe hatten und haben, so die Ausgangshypothese, insbesondere in Umbruchzeiten Hochkonjunktur. Dies gilt für die Lebensreformbewegung, die sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts als Reaktion auf die zunehmende Industrialisierung entwickelte: Zu den damaligen gesellschaftlichen Gegenentwürfen, die bezeichnenderweise primär im Bürgertum verankert waren, gehörten u.a. die Tierschutzbewegung, die Vegetarismusbewegung, die Gartenstadtbewegung, die Entstehung der Freikörperkultur, die erste Jugendkultur des Wandervogels und andere mehr. Nach dem 2. Weltkrieg folgten in den frühen 1960er Jahren die ‚Hippies‘ mit ihrer Fokussierung auf Love, Peace, Drugs and Music und die Landkommunenbewegungen der 1970er Jahre.
In Zeiten von Klimawandel und Turbokapitalismus entwickeln sich seit den Jahren um 2000 ebenfalls umfassendere alternative Gesellschaftsentwürfe, die vor allem auf Konzepte einer ‚Postwachstumsökonomie‘ setzen. Gesellschaftliche Utopien wie das Konzept der Transition Town suchen nach Antworten auf die Herausforderungen, die durch die globalisierte Wirtschaftsordnung einerseits, die begrenzten ökologischen Ressourcen andererseits entstehen. Die offerierten Lösungsmodelle reichen von lokal und regional begrenzten Produktions- und Wirtschaftsräumen bis hin zur Rückkehr des Gärtnerns in die Stadt und einer Rückkehr des Do-it-Yourself (DIY).
In der Lehrveranstaltung fragen wir anhand von ausgewählten Beispielen nach Formen und Funktionen dieser gesellschaftlichen Gegenentwürfe und betten diese in zeitgenössische historische Kontexte ein. |