Kommentar |
Dass auch im Jahr 2017 die Frage nach dem Umgang mit dem Holocaust immer noch eine strittige ist, zeigte jüngst eine Internetaktion des Autors und Satirikers Shahak Shapira. Unter dem Hashtag #yolocaust veröffentlichte er Selfies, die Personen in unterschiedlichen Posen am Holocaust-Mahnmal in Berlin von sich aufgenommen und auf unterschiedlichen Plattformen hochgeladen hatten. Diese unterlegte er mit Bildmaterial aus den Vernichtungslagern. Ziel der Aktion sei es, so der Autor, unsere Erinnerungskultur zu hinterfragen und die anschließende Debatte – in Feuilletons und sozialen Netzwerken – zeigte, dass genau dieses Ziel auch erreicht wurde.
Auch Literatur ist ein Teil der Erinnerungskultur und die Problematik einer angemessenen künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Holocaust stellt schon seit der Nachkriegszeit einen der zentralen Diskurse der deutschsprachigen Literatur dar. Ausgehend von Adornos prominentem Diktum aus dem Jahr 1949, „nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben” sei „barbarisch”, widmen sich viele Debatten der literarischen Darstellbarkeit des Holocaust. Dabei lassen sich verschiedene Schwerpunkte ausmachen, beispielsweise die Frage nach dem Verhältnis von historischen Fakten und Fiktion, nach dem Zusammenhang von individuellem und kollektivem Schicksal oder die Frage der Zeugenschaft. Auf einer Metaebene spielt häufig der Aspekt der Sprachlosigkeit, des Verstummens und Schweigens angesichts des Unfassbaren eine Rolle. Aber auch die Angemessenheit einer Ästhetisierung oder einer Verbindung mit Komik und Groteske werden diskutiert.
Diesen Diskursen geht das Seminar anhand zentraler deutschsprachiger Texte nach. Prägende Topoi und Motive stehen hierbei ebenso im Fokus wie der Zusammenhang von Literatur und gesamtgesellschaftlichen Debatten, auch über die Grenzen der deutschsprachigen Literatur hinaus. Anhand verschiedener literarischer Gattungen werden die in den Grundkursen erworbenen Kompetenzen literaturwissenschaftlicher Analyse und Interpretation vertieft. |
Literatur |
Zur Anschaffung empfohlen:
Peter Weiss: Die Ermittlung (Suhrkamp)
Jean Améry: Jenseits von Schuld und Sühne. Bewältigungsversuche eines Überwältigten (Klett-Cotta)
Ruth Klüger: weiter leben. Eine Jugend (dtv)
Die restlichen Texte werden in einem Seminarapparat zur Verfügung gestellt.
Einen einführenden Überblick zur Vorbereitung bietet:
Eke, Norbert Otto; Steinecke, Hartmut (Hg.): Shoah in der deutschsprachigen Literatur. Berlin 2006. |