Kommentar |
Das Seminar beschäftigt sich mit einem kulturhistorischen Phänomen, das bislang in seiner Aussagekraft zur Entwicklung des politischen Bewußtseins der Europäer zu wenig beachtet wurde: dem europäischen Liedgut vom 16. bis zum 20. Jahrhundert, das nicht nur von literarischer, ethnologischer und musikwissenschaftlicher Seite, sondern auch aus der Sicht des Historikers interessante Erkenntnisse und mentalitätsgeschichtliche Rückschlüsse erlaubt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen dabei Lieder, die Aussagen zu historischen Ereignissen, zu politischen Entwicklungen und Zuständen zulassen wie z.B. Soldatenlieder aus verschiedenen Kriegen, Handwerkerlieder, Lieder aus dem Vormärz und zur Rheinkrise, Lieder der Arbeiterbewegung, der nationalsozialistischen Bewegung und des Widerstands sowie nationale und regionale Hymnen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Textkritik der verschiedenen überlieferten Fassungen, der Interpretation der Kernbegriffe und auf Untersuchungen zur Sing- bzw. Spielweise anhand von historischen Tondokumenten, denn nur die Betrachtung von Wort und Ton erlaubt Rückschlüsse auf die Wirkung des überlieferten Materials. Neben Liedern aus dem deutschen Sprachraum wollen wir auch französische, griechische, italienische etc. gebührend beachten. Die Studierenden sollen selbst ein Lied oder eine Gruppe von Liedern vorstellen und in den kulturhistorischen Kontext einordnen. Durch eine transnationale Betrachtungsweise wird schnell deutlich, was als europäischer Standard in einer bestimmten Epoche gelten und was als nationale oder regionale Besonderheit angesehen werden kann. |