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Wahrheit - Einzelansicht

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Grunddaten
Veranstaltungsart Seminar Langtext
Veranstaltungsnummer 108726 Kurztext
Semester SoSe 2018 SWS 2
Erwartete Teilnehmer/-innen Max. Teilnehmer/-innen
Turnus Veranstaltungsanmeldung Keine Veranstaltungsbelegung im LSF
Credits
Termine Gruppe: iCalendar Export für Outlook
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Lehrperson Status Bemerkung fällt aus am Max. Teilnehmer/-innen
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Mi. 10:00 bis 12:00 woch 11.04.2018 bis 18.07.2018        Geb. A2 3, Raum 0.09 (EG)  
Gruppe :
 
 
Zuordnung zu Einrichtungen
Philosophie
Inhalt
Kommentar

„Was ist Wahrheit?“ – diese Frage wirft Pilatus gemäß der Darstellung im Johannes-Evangelium auf, ohne ein wirkliches Interesse an ihr zu haben (Joh 18,38). Auch jenseits eines religiösen Kontextes kann diese Frage ganz abgehoben erscheinen: Wer ist schon im Besitz einer ‚absoluten Wahrheit’ – hat nicht jeder bloß seine je eigene?

Wenn Ihnen diese Sichtweise ganz unphilosophisch erscheint, sind Sie in diesem Seminar richtig, denn wir wollen die obige Frage ganz ernst nehmen! Worin besteht die Wahrheit eines Satzes (einer Äußerung oder Überzeugung)? [Wir werden uns auch kurz damit befassen, was denn nun die (primären) Wahrheitsträger sind.]

Naheliegend ist es zu fordern, dass ‚Wahrheit’ letztlich die Übereinstimmung mit den Tatsachen der Welt meint: Wer etwas Wahres sagt, sagt, wie es sich verhält, i.e. er behauptet, dass eine gewisse Tatsache besteht – und die besteht wirklich. Wahrheit hat wesentlich etwas mit der Welt zu tun, die wir uns alle  teilen.

Manchen Philosophen ist dies metaphysisch zu aufgeladen vorgekommen und sie haben versucht, Wahrheit enger an Rechfertigung zu binden: Der beste Test für die Wahrheit einer Äußerung etwa ist es doch, zu prüfen, wie sie mit unserem Wissen zusammenpasst – wir haben ja gerade keinen ganz unabhängigen Zugang zu dem beschriebenen Stück der unabhängigen Welt. Wahrheit einer Überzeugung sollte demgemäß verstanden werden als Zusammenpassen mit anderen Überzeugungen, als Verhältnis des gegenseitigen Stützens und Bestätigens. [Ein anderer Weg, den metaphysischen Balast zu vermeiden, könnte darin bestehen, Wahrheit mit idealisierter Bestätigung zu identifizieren: Wahre Sätze wären genau die der idealen Theorie, i.e. der Theorie, die sich gewissermaßen als Grenzwert unserer Forschung ergibt.]

Da die obigen Optionen freilich Schwierigkeiten mit sich bringen, kann man nach Reflexion doch zu dem Schluss kommen, dass es verfehlt war, eine substantielle Analyse von Wahrheit anbieten zu wollen: Wird mit „Es ist wahr, dass p“ denn etwas anderes gesagt als mit „p“ selbst? Gibt es außer den Funktionen der Generalisierung und Blindzuschreibung (e.g. „Viel von dem, was Donald Trump sagt, ist nicht wahr.“) noch andere Funktionen, die das Wahrheitsprädikat der natürlichen Sprache erfüllt? Fokussiert man sich auf diese überschaubaren linguistischen Funktionen, kann eine deflationäre Wahrheitsauffassung attraktiv erscheinen, die ‚Wahrheit’ als quasi-logischen Ausdruck (mit eben jenen beschränkten linguistischen Funktionen) analysiert, statt eine reduktive Analyse (ob als Korrespondenz mit einer Tatsache oder Kohärenz mit anderen Überzegungen) vorzulegen.

Vielleicht ist es aber auch ein Fehler, Wahrheit allzu einheitlich zu begreifen – mit ‚ist wahr’ kann man je nach Kontext eventuell ganz Verschiedenes ausdrücken: Pluralistische und relativistische Konzeptionen der Wahrheit sind zuletzt auch in der Philosophie verteidigt worden. Ernsthafte Versuche in diese Richtung unterscheiden sich aber ganz gewaltig von dem simplen Relativismus, der im ersten Absatz angedeutet wurde – u.a. deuten sie nicht an, dass die Frage nach Wahrheit unsinnig oder unwichtig wäre (und sie sind durchaus einen Blick wert).

‚Wahrheit’ ist nämlich von zentraler Bedeutung in der Philosophie, nicht nur der Sprachphilosophie und Logik oder der Metaphysik – aber besonders in diesen Gebieten: So kann man versuchen, sprachliche Bedeutung über Wahrheitsbedingungen zu analysieren; die Paradoxa der Selbstreferenz wie das Lügner-Paradoxon („Dieser Satz ist nicht wahr.“) sind zweifelsfrei ein wesentlicher Motor der philosophischen Logik; und zuletzt hat etwa die Annahme, dass die wenigsten Wahrheiten ‚harte’, ‚vollkommene’ Wahrheiten sind, die meisten stattdessen nur ‚teilweise wahr’, weitreichende metaphysische Implikationen.

Wir werden versuchen auch diese Themen mindestens zu streifen – in jedem Fall werden wir uns aber mit den epochemachenden Arbeiten Alfred Tarskis zu Wahrheit befassen, deren Kenntnis für die moderne Debatte unverzichtbar ist. Weitere Literatur finden sie im Folgenden, einen Fahrplan legen wir in der ersten Sitzung fest.

Burgess, Alexis and Burgess, John (2011): Truth. Princeton University Press.

Glanzberg, Michael: „Truth“. The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Winter 2016 Edition); Edward N. Zalta (ed.). URL = <;https://plato.stanford.edu/archives/win2016/entries/truth/>;.

Künne, Wolfgang (2003): Conceptions of Truth. Oxford University Press.

Lynch, Michael (ed.) (2001): The Nature of Truth: Classical and Contemporary Perspectives. MIT Press.

Millgram, Elijah (2009): Hard Truths. Wiley-Blackwell.

Rami, Dolf (2009): Wahrheit und Deflation. Eine kritische Untersuchung deflationärer Wahrheitskonzeptionen. mentis Verlag.

Bemerkung

Magister- und Lehramtsstudiengang (auslaufend): Theoretische Philosophie, Logik, Sprachphilosophie, Ontologie & Metaphysik.


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Keine Einordnung ins Vorlesungsverzeichnis vorhanden. Veranstaltung ist aus dem Semester SoSe 2018 , Aktuelles Semester: SoSe 2024