Kommentar |
Der Versschwank ist eine der wichtigsten Gattungen der deutschsprachigen Literatur um 1500. Es handelt sich dabei um eine kurze, komische Erzählung in Reimpaaren. In der Regel geraten dabei zwei Personen aus unterschiedlichen Gruppen – ein Mann und eine Frau, ein Handwerker und ein Priester, ein Christ und ein Jude – miteinander in Konflikt, häufig deswegen, weil einer den anderen durch eine List in Täuschungsabsicht schädigen möchte. Daraus entstehen weitere Verwicklungen, aus denen sich im Folgenden diverse humoristische Situationen ergeben. Der Versschwank geht dabei oft weit über die Grenzen des guten Geschmacks hinaus, er tendiert zur Groteske, zum Aberwitz, er thematisiert Ekelhaftes, Obszönes, Vulgäres, bricht Tabus. Auf diese Weise diskutieren die Texte unterschiedliche Normen und Werte der damaligen Gesellschaft, z.B. Regeln ehelichen Zusammenlebens, Vorstellungen von Fleiß und Disziplin, Rollen der beiden Geschlechter, außergerichtliche Lösungsmöglichkeiten juristischer Streitigkeiten, Umgangsformen zwischen divergierenden Religionsgemeinschaften.
Anhand herausragender Beispieltexte erschließt das Hauptseminar die novellistische Kleinepik des 15. und 16. Jahrhunderts, vergleicht sie mit ihren Quellen (z.B. Givanni Boccaccios "Decamerone"), mit der zunehmend wichtiger werdenden Schwankliteratur in Prosa (z.B. "Dil Ulenspiegel" und Jörg Wickrams "Rollwagenbüchlein"), mit Neugestaltungen der Texte in anderen Gattungen wie dem Meisterlied und dem Fastnachtsspiel und untersucht die Übergänge zur Fabeldichtung der Reformationszeit. Behandelt werden u.a. Texte von Heinrich Kaufringer, Hans Rosenplüt, Hans Folz, Hans Sachs, Burkhard Waldis, Erasmus Alberus und Johann Fischart. |
Literatur |
Alle Primärtexte zum Kurs finden sich als PDF-Dateien im ESem der SULB unter Philosophische Fakultät, Germanistik, Professur für Neuere deutsche Philologie und Literaturwissenschaft 3, SS 2018, HS Versschwank |