Kommentar |
„Die jüngste Zunahme feministischer Aktivität in unserem Lande hatte zwar durchaus befreiende Wirkung, ihre Stoßkraft jedoch war vor allen Dingen emotional – (...)”. Mit diesem Satz beginnt die amerikanische Kunsthistorikerin Linda Nochlin ihr viel beachtetes Essay „Warum hat es keine bedeutenden Künstlerinnen gegeben”. Nochlins Essay aus dem Jahr 1971 gilt als die Geburtsstunde der feministischen Kunstgeschichtsschreibung. Bedenkt man die aktuelle Debatte über die Darstellung der Frau in der Kunst, die gleichfalls oft emotional geführt wird, erscheint Nochlins Anliegen, nach den tatsächlichen Ursachen zu suchen, die zu einer Marginalisierung von Künstlerinnen überhaupt erst geführt haben, wichtiger denn je. Einsteigend mit Nochlins Essay beschäftigt uns im Seminar daher zuerst die Frage, weshalb Künstlerinnen und Künstler, um den gleichen Zeitraum etwa in den USA und in Europa den eigenen Körper als Ausdrucksmittel für sich entdeckt haben? Was ist das Anliegen der zahlreichen Performance- und VideokünstlerInnen der ersten Stunde gewesen? Haben sie ähnliche Methoden, Strategien und Inhalte angewandt? Lässt sich überhaupt von einer feministischen Bewegung in der Kunst sprechen? – Und wie hat sich das Verhältnis zum Körper innerhalb der Sparte der Performance- und Videokunst in der Folgezeit verändert? - Wurden die Ziele der Vorreiterinnen erreicht und spielt der Feminismus heute deshalb in der Kunst eine eher unbedeutende Rolle?
Im Verlauf des Seminars lernen wir unterschiedliche Strömungen der Performance- und Videokunst ab den 1968er-Jahren kennen und richten unser Augenmerk dabei auch auf die Entwicklungen außerhalb Europas. Die Ausstellung „In the Cut – Sexualität in der feministischen Kunst” (ab 18.05.’ 18) in der Stadtgalerie Saarbrücken ist zugleich ein willkommener Anlass, Praxisbezug zu sammeln. Referate können u.a. vor Ort gehalten werden. Außerdem liefert das begleitende Symposium die Gelegenheit, einige Vorreiterinnen und weitere Künstlerinnen persönlich kennenzulernen. Auf die Ausstellung und das Symposium bereiten wir uns im Vorfeld vor – die Beteiligung an den Gesprächsrunden ist erwünscht.
Ausstellungshinweis: FEMINISTISCHE AVANTGARDE der 1970ER-Jahre ..., bis 08. April, im ZKM – in Karlsruhe. |