Kommentar |
Hans Joas' jüngste Soziologie des Heiligen, die alte sozialwissenschaftliche Vorbehalte gegenüber der Theologie revidieren will und hierin der Christentum-Rezeption Bruno Latours, Jean-Luc Nancys oder Giogio Agembens ähnelt, knüpft an Alltagserfahrungen an. Dabei streicht der hermeneutische Denkansatz immer schon den lebensweltlichen Bezug einer Rede vom Heiligen heraus. Die hermeneutische Ausrichtung der Theologie/Religionsphilosophie ist also als grundlegend herauszustellen (vgl. Text-/Existenzhermeneutik Bultmanns); H. Ott spricht sogar von der Identität von Theologie und Hermeneutik; diese kann aber unter Rekurs auf Lévinas und Derrida "dekonstruiert" werden. Die Theologie der Spur, das Denken des Rests/der Alterität, überholt und korrigiert die klaren Unterscheidungstheorien der Theologie/Philosophie.
In einem dritten Schritt ist schließlich darzulegen, wie die aktuelle Religionsphilosophie sich den Herausforderungen der (Post-)Säkularisierung (Abstraktion, Implizierung, Universalisierung, Dekontextualisierung) stellt und ihre Anschlussfähigkeit zum Konstruktivismus, zur Neuen Phänomenologie, zur Psychoanalyse und zum Diskurs der Postmoderne ausweist (vgl. Ansätze von H. Schmitz, Sloterdijk, Marion, Badiou und Žižek). Termini wie "gesättigtes Phänomen", "Wahrheitsereignis", "religionsloses CHristentum", "civil religion" oder "Medienreligion" u.v.m. sind zu klären.
Grundpositionen der neueren jüdischen Religionsphilosophie und der Religionskritik, Kernthemen der Phänomenologie der Religion sowie die Frage nach einem adäquaten Verständnis der Säkularisierung und die religiöse Spurensuche in der (postsäkularen?) Gegenwartskultur sollen anhand von Quellentexten, Überblicksreferaten oder Filmbeispielen diskutiert werden. |
Literatur |
- Bultmann, R., Welchen Sinn hat es, von Gott zu reden?, in: GV I., S. 26-37
- Bultmann, R., Theologische Enzyklopädie. Hg. v. E. Jüngel u. K. Müller, Tübingen 1984
- Dalferth, I. U., Hoffnung, Berlin New York 2016
- Dalferth, I. U., Transzendenz und säkulare Welt. Lebensorientierung an letzter Gegenwart, Tübingen 2015
- Derrida, J., Vattimo, G., Die Religion, Frankfurt a. M. 2001
- Dworkin, R., Religion ohne Gott, Berlin 2014
- Hoff, G. M., Religionsgespenster. Versuch über den religiösen Schock, Boston, Leiden, Paderborn 2017
- Joas, H., Die Macht des Heiligen. Eine Alternative zur Geschichte von der Entzauberung, Berlin 2017
- Kühnlein, M., Wer hat Angst vor Gott? Über Religion und Politik im postfaktischen Zeitalter, Stuttgart 2017
- Lévinas, E., Wenn Gott ins Denken einfällt. Diskurse über die Betroffenheit von Transzendenz, Freiburg München 31999 (Paris 1982)
- Nancy, J.-L., Dekonstruktion des Christentums, Zürich Berlin 2008
- Nussbaum, M., Die neue religiöse Intoleranz. Ein Ausweg aus der Politik der Angst, Darmstadt 2014
- Rorty, R., Vattimo, G., Die Zukunft der Religion, Frankfurt a. M. 2006
- Schieder, R., Sind Religionen gefährlich? Religionsphilosophische Perspektiven für das 21. Jahrhundert, Berlin (2. Aufl.) 2011
- Sloterdijk, P., Nach Gott, Berlin 2017
- Wendel, S., Religionsphilosophie, Stuttgart 2010
- Žižek, S., Fiennes, S., The Pervert`s Guide to Ideology, Berlin 2016 (DVD)
- Žižek, S., Absoluter Gegenstoß. Versuch einer Neubegründung des dialektischen Materialismus, Frankfurt a. M. 2016
- Žižek, S., Disparitäten, Darmstadt 2018
- Žižek, S., Der Mut der Hoffnungslosigkeit, Frankfurt a. M. 2018
- Žižek, S., Die Puppe und der Zwerg. Christentum zwischen Perversion und Subversion, Frankfurt a. M. 2004
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