Kommentar |
Entgegen der englischen Redensart »Don’t judge a book by its cover« werden wir genau das tun: Wir betrachten nicht nur den Text, der zwischen zwei Buchdeckeln steht, sondern auch die ihn umgebenden Texte, die der Literaturwissenschaftler Gérard Genette in seiner gleichnamigen Typologie als ›Paratexte‹ bezeichnet hat, »also jenes Beiwerk, durch das ein Text zum Buch wird und als solches vor die Leser und, allgemeiner, vor die Öffentlichkeit tritt«. An der Schwelle – so der französische Originaltitel Seuils (1987) – zur erzählten Welt verortet Genette beispielsweise Titel, Vorwort, Motto oder Klappentext, aber auch Autoreninterviews, Selbstkommentare und Briefe.
Ausgehend von literaturtheoretischen Beiträgen werden wir uns im Seminar mit dem Verhältnis von Paratexten zum Basistext beschäftigen: Wo beginnt der eigentliche Text? Wie lenken Paratexte die Lektüre? Und für welche methodischen Zugänge sind sie im wissenschaftlichen Diskurs von Belang? Wie lässt sich Genettes Ansatz auf die Film- und Medienwissenschaft übertragen? Zunächst untersuchen wir literarische Beispiele verschiedener Autor·innen (E.T.A. Hoffmann, Alfred Andersch, Daniel Kehlmann, Juli Zeh u.a.m.). Im Anschluss wenden wir uns filmischen Paratexten zu – von den Titelkarten der Stummfilmzeit über die Vorspannsequenzen von Saul Bass und neueren Beispielen wie Lola rennt (D 1998, R: Tom Tykwer) bis hin zu TV-Serien wie Dexter (USA 2006–2013).
Der Besuch der filmwissenschaftlichen Einführungsveranstaltung ist empfehlenswert, aber keine Voraussetzung für die Teilnahme am Seminar. |