Kommentar |
Im Proseminar werden die fünf Trauerspiele des vermutlich prominentesten Schriftstellers des literarischen Barocks thematisiert und untersucht werden. Andreas Gryphius, der auch als Lustspielautor und insbesondere als Lyriker (als Sonettist!) in Erscheinung getreten ist, gilt als umfassend gebildeter und vielfältig begabter Autor. Wir werden seine schriftstellerische Entwicklung vom Trauerspielerstling Leo Armenius bis zum letzten Märtyrerdrama Papinian nachvollziehen und die Besonderheiten der Gattung Trauerspiel in dieser literarischen Epoche betrachten und es typologisch von der Tragödie abzugrenzen haben. Die Trauerspiele des Andreas Gryphius werden in der Forschung meist unter zwei zentralen Deutungslinien und einander gegenüberstehenden Konzeptionen gefasst und interpretiert. Die geschichtlich-staatsrechtliche Deutung wird dabei mit der heilsgeschichtlichen Interpretation kontrastiert. In der Gestaltung der Hauptfiguren, nach denen die Trauerspiele benannt sind, schlägt sich diese Dichotomie nieder: Märtyrer oder Tyrannen sind sie, die entweder als exemplum oder als abschreckendes Gegenteil dessen zur tugendhaften Lebensführung Anlass geben sollen. Gleichzeitig wird die Frage nach der Legitimierung eines Herrschers (und nach der Möglichkeit, diesen abzusetzen) aufgeworfen. Die Märtyrer, deren Verhalten und Handeln auf das Erlangen eines transzendenten Heilsziels ausgerichtet sind, dienen – wie dies in den Dramen der Jesuiten ebenfalls der Fall ist – der Idealisierung des christlichen Glaubens, ebenso aber repräsentieren die Märtyrer das beispielhafte Tugendideal eines Fürsten und Herrschers, der sich für die Untertanen aufopfert, die Last und Verantwortung des Herrschers zu tragen hat und für die eigenen Überzeugungen den Tod in Kauf nimmt. Insbesondere die Beständigkeit und die Besonnenheit des Märtyrers, die Affektkontrolle (Neostoizismus) im Angesicht der Krise, dürften für ein Publikum/ eine Leserschaft des 17. Jahrhunderts (Reformation, Dreißigjähriger Krieg, Pestausbruch etc.) besonderen Vorbildcharakter gehabt haben. Wenngleich die genannte Dichotomie sich in der Forschung rechtmäßig durchgesetzt hat, werden wir aber auch die Gattungsgrenzen des Trauerspiels zu untersuchen haben. Insbesondere Cardenio und Celinde fällt hier besonders durch einen flexiblen Umgang mit den poetologischen Vorgaben, zum Beispiel mit der Ständeklausel, auf. |
Literatur |
Für das Proseminar sind die fünf Trauerspiele von Andreas Gryphius in der Reclamausgabe zu erwerben (und zu lesen), dies sind: Leo Armenius, Catharina von Georgien, Carolus Stuardus, Cardenio und Celinde, Papinian. |