Kommentar |
Im Hauptseminar beschäftigen wir uns mit Waldtexten, die verschiedene Aspekte der menschlichen Waldwahrnehmung thematisieren. Im Sinne von 'wilder Wald' kann dieser Naturraum als außerhalb der Kultur verstanden werden. Eine Region, in der ansonsten verbindliche (menschliche) Regeln nicht mehr greifen, in der das Fremdartige, Unheimliche und Wunderbare den Menschen fasziniert, aber ebenso bedroht. Spätestens mit der Romantik entwickelt sich, dass was Thomas Kirchhoff als „vielfältigeres Spektrum positiver Bedeutungen von Waldwildnis” bezeichnet: „[Z]um einen Waldwildnis als Ort der Freiheit von gesellschaftlichen Zwängen, Konventionen und Entfremdungsprozessen und damit als Möglichkeitsraum für Authentizität; zum anderen Waldwildnis als Ort guter ursprünglicher Ordnung, die der gesellschaftlichen Ordnung überlegen ist. Mit 'Freiheit' und 'Ordnung' ist dabei allerdings, je nach Menschenbild oder Gesellschaftsideal beziehungsweise politischer Philosophie, sehr Unterschiedliches gemeint.” Schon anhand dieser kurzen Einstiegsüberlegungen zeigt sich die Notwendigkeit einer kulturhistorischen Kontextualisierung zum Verständnis der jeweils untersuchten literarischen Texte. Mit dem Textkorpus setzen wir (nach einen kurzen Blick auf antike und mittelalterliche Texte) einen Akzent auf Texte des 19. Jahrhunderts, um dann überwiegend Texte der Gegenwartsliteratur zu untersuchen. |
Literatur |
Eine vorläufige Literaturliste umfasst folgende Autoren und Werke (alle Texte liegen ggf. auch in deutscher Übersetzung vor): Lyrik von Ralph Waldo Emerson und Joseph von Eichendorff Wald-Märchen und -Legenden anhand von ”Hänsel und Gretel” und ”Robin Hood” Nature Writing (in Auszügen) von David G. Haskell: The Forest Unseen: A Year's Watch in Nature (2012) und Peter Wohlleben: Das geheime Leben der Bäume: Was sie fühlen, wie sie kommunizieren – die Entdeckung einer verborgenen Welt (2015) 'Pflanzenphilosophie' von Emanuele Coccia: La vie des plantes: une métaphysique du mélange (2016) Erzählungen, Novellen und Romane (die endgültige Auswahl wird in der ersten Sitzung bekannt gegeben): Ludwig Tieck: „Waldeinsamkeit” (1841), Adalbert Stifter: „Der Waldsteig” (1845), Theodor Storm: „Waldwinkel” (1874), Felix Salten: Bambi (1923), A.S. Byatt: „The Thing in the Forest” (2003), Stefan aus dem Siepen: Das Seil (2012), Aharon Appelfeld: Ein Mädchen nicht von dieser Welt (2013), Doris Knecht: Wald (2015), Marie Darrieussecq: Notre vie dans les forêts (2017), Saskia Hennig von Lange: Hier beginnt der Wald (2018) |