Kommentar |
Paul Celan ist einer der meist rezipiertesten deutschsprachigen Schriftsteller der Nachkriegszeit – und er gehört heute ohne Zweifel zum weltliterarischen Kanon des 20. Jahrhunderts. Celans literarische Kunst ist untrennbar mit seiner Biographie verbunden: Als jüdischer Holocaust-Überlebender – sein Vater starb im KZ Michailowka im ukrainischen Hajssyn am Typhus, seine Mutter wurde ebendort erschossen – schuf er nach dem Krieg eine neue, innovative Lyrik, die einen der künstlerisch avanciertesten und gleichsam berührendsten Versuche darstellt, die Shoah, die Vernichtung des europäischen Judentums, poetisch ›fassbar‹, ›sagbar‹, ›mitteilbar‹ zu machen. Celan, der am 23.11.1920 in Czernowitz (heutige Ukraine), der Hauptstadt der Bukowina, als Paul Antschel geboren und jüdisch erzogen wurde und sich in der Nacht des 19. auf den 20. April 1970 an seinem Wohnort Paris das Leben nahm, indem er in die Seine sprang, beherrschte neben Deutsch auch Hebräisch, Jiddisch, Ukrainisch und Rumänisch, später auch Französisch und Russisch. Sein polyglotter Charakter und sein ungemein breites kulturelles, religiöses, philosophisches und nicht zuletzt literarisches Wissen zeichnet die Form seines poetischen Gedenkens in jeder seiner Werkphasen.
Wir werden uns im Seminar mit dem Leben, dem Schaffen und der Wirkung Celans auseinandersetzen und nicht nur seine Lyrik behandeln (darunter u.a. die Gedichte Todesfuge; Sprich auch Du; Psalm; Zürich, Zum Storchen), sondern uns auch mit seiner Prosa (u.a. Gespräch im Gebirg) und seiner Poetologie im Gesamtwerk auseinandersetzen (Bremer Rede; Der Meridian). Studierende, die am Seminar teilnehmen möchten, sollten sich bereits in Celans lyrisches Werk eingelesen haben – und sich am besten den Band Paul Celan. Die Gedichte. Kommentierte Gesamtausgabe in einem Band (Hg. v. Barbara Wiedemann. 4 Aufl. Frankfurt/M. 2012) besorgt haben. |