Lerninhalte |
In den bisherigen Veranstaltungen wurden die primären Medien Malerei, Grafik und gelegentlich auch Plastik/Skulptur getrennt von dem Gebiet der Architektur betrachtet. So konnte der Eindruck entstehen, dass diese Be-reiche ein völlig unabhängiges Dasein voneinander führen. Dass diese Annahme aber nicht stimmen kann, beweist allein schon die Tatsache, dass über den größten Teil der Menschheitsgeschichte flächige und drei-dimensionale Bilder fast ausschließlich in Verbindung mit Architektur, sei es kultische oder profane, auftraten. Fresken und Mosaiken gingen grund-sätzlich ebenso wie das Relief und die Nischenfiguren eine innige und zwingende Verbindung mit der Wand ein. Daraus muss gefolgert werden, dass zwischen diesen Gattungen auch eine tiefe geistige Beziehung be-standen haben muss. Mit der Erfindung des Tafelbildes in der Gotik und der freistehenden Skulptur bzw. Plastik in der Renaissance schien sich dieser innige Bezug nach und nach aufzulösen. Dennoch: Nach wie vor wurden und werden zwei- und dreidimensionale Bilderzeugnisse für und in Bezug auf Architektur geschaffen. Man denke nur an die Sixtinische Kapelle, die Würzburger Residenz oder bis in die Gegenwart die Ausge-staltung von Sakral- und Profanbauten. Dazu ein schönes junges Bei-spiel: „Notre Dame du Haut” in Ronchamp, durch und durch gestaltet von Le Corbusier. Eine ganz herausragende Rolle spielt dabei die immer wie-der auftretende Idee und Verwirklichung des Gesamtkunstwerks wie dies im höfischen Leben des Barock besonders deutlich gelebt wurde. Auch der Jugendstil strebte die große Einheit des gestalteten Lebens an. Es kann aber festgestellt werden, dass mit der Erfindung des Tafelbildes und der freistehenden Skulptur/Plastik ein unmittelbarer Ortsbezug immer weniger zwingend hergestellt werden muss. Mit der Einrichtung von Mu-seen, Galerien und temporären Kunstaustellungen seit dem 19. Jahrhun-dert kann eine Begegnung mit Kunst auch völlig losgelöst von einem sonstigen funktionalen Zusammenhang angestrebt werden. Damit stellt sich aber die Frage, ob mit dieser Unabhängigkeit auch jegliche geistige Verbindung – auch auf höherer Ebene – zwischen den Bereichen aufge-löst wird. Entsteht daraus also für jede Sparte eine „Kunst an und für sich”? Wie man sieht, kann die Frage „Rätsel Kunst?” auch ganz anders gestellt werden. |