Kommentar |
Exkursionsseminar: Europa und europäische Identität in Frankreich heute - 40 Jahre Direktwahlen zum Europäischen Parlament 1979-2019
Das Seminar hat zum Ziel, Studierenden den Reiz des eigenständigen Forschens näher zu bringen. Für ein Frankreichthema eignet sich kaum ein Ort besser dafür als die Frankreich-Bibliothek am Deutsch-Französischen Institut (DFI) in Ludwigsburg, die wohl führende deutsche Informations- und Dokumentationseinrichtung zum aktuellen Frankreich und zum deutsch-französischen Verhältnis. Dankenswerterweise stellt das DFI seine vorzügliche Infrastruktur zur Verfügung und bietet der UdS-"Forschergruppe" neben einer Einführung in die Recherchemöglichkeiten und Dienstleistungen einen eigenen Seminarraum zur Diskussion und Präsentation der Ergebnisse sowie ein kleines Rahmenprogramm.
Inhaltlicher Ausgangspunkt ist die Geschichte der Europawahlen seit 1979.
Die Hoffnungen, die Befürworter der Direktwahlen damals mit dem Ereignis verbanden, waren beträchtlich. Von Politisierung, Demokratisierung, Legitimierung der Europäischen Gemeinschaft war die Rede, von Transnationalisierung des Wahlkampfs und der Parteien, von Mobilisierung der Menschen für die Europäische Einigung. Auch davon, Europabewusstsein zu verankern und eine europäische Öffentlichkeit der Bürgerinnen und Bürger zu schaffen. Kurzum: Es ging um die Europäisierung Europas durch Wahlen. Das Seminar will einerseits danach fragen, inwieweit die Wahlen zum Europaparlament der letzten vier Jahrzehnte dies haben leisten können; andererseits soll mit Blick auf den Urnengang Ende Mai 2019 diskutiert werden, ob es sich um ein neues Phänomen handelt, wenn populistische Parteien und Bewegungen die Europawahlen für eigene politische Zwecke instrumentalisieren. Eine zentrale Rolle bei der Wahrnehmung und Bewertung Europas und der europäischen Idee spielen ihre mediale Vermittlung und Repräsentation. Während Nationen auf wirkmächtige Gründungsmythen und symbolische Handlungen zur Herstellung ihrer Identität/en zurückgreifen können, gilt dies für die europäische Identität (noch) nicht. Es wird zu fragen sein, welche Narrative entwickelt und gefördert wurden und wie deren Wirkung war/ist. In welcher Weise wird europäische Identität z.B. im „Haus der europäischen Geschichte” in Brüssel evoziert? Friedenssicherung scheint als Motiv für den Zusammenhalt ausgedient zu haben; umstritten ist die rein ökonomische Begründung. Welche gedanklichen Entwürfe finden sich stattdessen in den Medien und seitens der Intellektuellen und wie werden diese rezipiert? Welche Filme, Romane, Theaterstücke enthalten Vorstellungen von Europa und worauf nehmen sie Bezug? Welche Rolle als ideelle Bezugspunkte und Vorbilder spielen heute Pionier*innen wie Simone Veil, erste Präsidentin des 1979 erstmals direkt gewählten Europäischen Parlaments oder Louise Weiss, Elsässerin und Europäerin der ersten Stunde, deren Namen das Hauptgebäude des Europäischen Parlamentes trägt? |