Kommentar |
Schaut man in die Auslagen von Zeitschriftenhändlern, boomen das Land, das Landleben und das Ländliche seit gut einem Jahrzehnt. Die Zeitschrift 'LandLust', herausgegeben in einem ursprünglich kleinen Landwirtschaftsverlag im westfälischen Münster, erzielt seit Jahren höhere Auflage als der Spiegel. Daneben gibt es zahlreiche Konkurrenz- und Nachahmerprodukte, die ebenfalls gekauft und gelesen werden. Dieser Trend zum Ländlichen als Idylle bettet sich ein in eine ebenfalls seit Jahren nachweisbare Sehnsucht nach Natur. Diese spiegelt sich ebenfalls in aktuellen Trends, ist historisch allerdings nicht ganz neu: Urban Gardening und Urban Farming holen den Gemüseanbau in die Städte, die Imkerei ebenfalls.
Die Romantisierung und Idyllisierung des Ländlichen hat eine lange historische Tradition; schon die Adligen im frühneuzeitlichen Europa, die es sich leisten konnten, hatten einen Landsitz für den Sommer und einen Stadtsitz für den Winter. Die Vorlesung jedoch konzentriert sich zeitlich auf das 19. bis frühe 21. Jahrhundert und legt ihren inhaltlichen Fokus auf Bilder des Ländlichen, die sich vor allem im Gefolge der Industrialisierung grundlegend ändern sollten. Sie fragt auch nach alltagskulturellen Praktiken des Landlebens, thematisiert alternative Lebensentwürfe wie Landkommunen im Kontext der Lebensreform um 1900, in den 1970er Jahren als Spätfolge der 1968er Bewegungen sowie als Solidarische Landwirtschaft als populäres und beliebtes Modell der Gegenwart, um hier nur Beispiele zu nennen. |