Für die „europäische Kohäsionspolitik” sind in der Förderperiode 2014-2020 je nach Berechnungsgrundlage rund 37 % der Haushaltsmittel der Europäischen Union (EU) vorgesehen. Die in den 1980er Jahren als europäische Politik zum Ausgleich der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungsunterschiede begründete „Kohäsionspolitik” stellt somit neben der Agrarpolitik immer noch einen der beiden bedeutendsten Ausgabenposten der EU dar. Auch die Förderung der grenzüberschreitenden Kooperation in Europa ist als sogenanntes Ziel „Europäische territoriale Zusammenarbeit” (früher: Gemeinschaftsinitiative Interreg) Teil dieser Politik. Hierfür ist allerdings nach wie vor nur ein vergleichsweise geringer Anteil der Mittel in der Kohäsionspolitik vorgesehen (nur etwas mehr als 2,5 % der Gesamtmittel, siehe unten).
Die vorliegende Lehrveranstaltung führt zunächst im Überblick und problemorientiert in die seit rund 30 Jahren in dieser Form existierende „Kohäsionspolitik” der EU ein. Schwerpunktthema ist darüber hinaus in diesem Semester die Frage, welche Rolle der „grenzüberschreitenden Zusammenarbeit” im Zusammenhang der allgemeinen „Kohäsionspolitik” zukommt. Zwar war die heute offiziell sogenannte „territoriale Zusammenarbeit” von Anfang an Teil des seinerzeit meist „Strukturfondspolitik” genannten Politikfeldes (zunächst als „Gemeinschaftsinitiative Interreg”). Ihre Bedeutung war und ist – siehe oben – v.a. im Hinblick auf die zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen eher sehr beschränkt geblieben. Das vorliegende Hauptseminar widmet sich nach der o.a. Einführung schwerpunktmäßig diesem problematischen „Spannungsverhältnis” und untersucht im Detail die (auch negativen) Auswirkungen der sehr begrenzten Spielräume für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rahmen der Kohäsionspolitik in Europa. Andererseits soll trotz dieser kritischen Analyse natürlich nicht außer Acht gelassen werden, dass „Interreg” und das „Ziel Europäische territoriale Zusammenarbeit” in den vergangenen 30 Jahren auch ein wichtiges und unverzichtbares Experimentierfeld für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Europa gebildet haben.
Zum Erwerb von Leistungsnachweisen in Modulen, in denen entsprechend der jeweiligen Prüfungsordnung/dem jeweiligen Modulhandbuch nur eine Hausarbeit als Prüfung (-sleistung) vorgesehen ist, sind im vorliegenden Seminar Zusatzleistungen erforderlich (gemäß den entsprechenden Regelungen in den betreffenden Studienordnungen, z.B. in Form von Referaten).Themen für Referate oder andere Zusatzleistungen sowie für Hausarbeiten können auch schon in den Sprechstunden vor Beginn der Vorlesungszeit übernommen werden (siehe auch jeweils aktuelle Aushänge an meinem Büro (Geb. A5 3, Zi. 1.16, 1. Stock).
Themenübersicht/Zeitplan:
Präsentation der Lehrveranstaltung und der Arbeitsweise, Ihre Fragen und Erwartungen, Themenvergabe (16.10.2019)
Erster Teil: Eine kritische Einführung in die Kohäsionspolitik der EU
Allgemeine Einführung, Grundbegriffe, Grundsätzliche Problemstellungen (23.10.2019)
Warum „Kohäsionspolitik”? Begründungen und historische Hintergründe zur Entstehung des Politikfeldes (30.10.2019)
Wesentliche ‚Systemelemente‘ der Kohäsionspolitik und ihre historische Entwicklung: ‚Reformen der Reformen‘ und ihre politischen Hintergründe (06.11.2019)
Zwischenschritt: Formalia, Prüfungsfragen und – mit Blick auf Hausarbeiten – Fragen zum wissenschaftlichen Arbeiten (13.11.2019)
Die ‚Architektur‘ der europäischen Kohäsionspolitik in der aktuellen Förderperiode 2014-2020: Grundsätzliches, Überblick, Begründungen und Rechtsgrundlagen (20.11.2019)
Zweiter Teil: Die Rolle der Förderung grenzüberschreitender Zusammenarbeit im Rahmen der Kohäsionspolitik – von den „Gemeinschaftsinitiativen Interreg” zum aktuellen Ziel „Europäische territoriale Zusammenarbeit”
Entstehung und Entwicklung der „Gemeinschaftsinitiativen” im Rahmen der reformierten Strukturfondspolitik der EU: am Beispiel von „Interreg” (27.11.2019)
Die Entstehung und Entwicklung der „Ausrichtungen” bzw. „Bestandteile” der Gemeinschaftsinitiative(n) Interreg” (1988-2006) (04.12.2019)
Das „Ziel Europäische territoriale Zusammenarbeit” im Rahmen der Kohäsionspolitik (2007-2020) (11.12.2019)
Aufwertung der „territorialen” (grenzüberschreitenden) Zusammenarbeit im Rahmen der Kohäsionspolitik durch ein „eigenständiges Ziel”? (18.12.2019)
(Vorlesungsfreie Zeit zu Weihnachten und Neujahr: 23.12.2019 – 03.01.2020)
Die grundsätzliche Problematik der Förderung grenzüberschreitender Zusammenarbeit im Rahmen der Kohäsionspolitik der EU: Leistungen und Defizite (08.01.2020)
Aktuelle Problemstellungen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Rahmen der Kohäsionspolitik (15.01.2020)
Rechtliche Probleme der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Europa sowie im Rahmen der Kohäsionspolitik und bisherige Lösungsansätze (22.01.2020)
Aktuelle Diskussionen: Die Vorbereitung der „territorialen Zusammenarbeit” in der künftigen Förderperiode der EU (2021-2027) und neue Vorschläge zur Lösung der Rechtsprobleme (29.01.2020)
Abschlusssitzung (05.02.2020)
Einführende Literatur/Informationsquellen (erste Auswahl):
Axt, Heinz-Jürgen, EU-Strukturpolitik, Einführung in die Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts, Opladen (Leske + Budrich) 2000
Becker, Peter, Die europäische Kohäsionspolitik und ihre Modernisierung, SWP-Studie, Stiftung Wissenschaft und Politik, Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, Berlin 2009: http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2009_S05_bkr_ks.pdf
Becker, Peter, Die künftige Kohäsionspolitik 2014-2020 – Vom Zeichen der innergemeinschaftlichen Solidarität zum Instrument für mehr Wachstum und Beschäftigung, in: Europäisches Zentrum für Föderalismus-Forschung Tübingen (EZFF) (Hrsg.), Jahrbuch des Föderalismus 2013, Föderalismus, Subsidiarität und Regionen in Europa, Band 14, Baden-Baden (Nomos) 2013, S. 531-545
Becker, Peter, Die neue europäische Kohäsionspolitik 2014-2020, www.forschungsnetzwerk.at/downloadpub/vortrag_eu_Becker_EKD_Konferenz.pdf
Becker, Peter/Müller, Ronny, Die reformierte Kohäsionspolitik 2014-2020 und ihre Implementierung, in: Europäisches Zentrum für Föderalismus-Forschung Tübingen (EZFF) (Hrsg.), Jahrbuch des Föderalismus 2014, Föderalismus, Subsidiarität und Regionen in Europa, Band 15, Baden-Baden (Nomos) 2014, S. 492-505
Becker, Peter, Die Weiterentwicklung der europäischen Kohäsionspolitik nach 2020: Konsolidierung des Erreichten und Fortsetzung der Reform, in: Europäisches Zentrum für Föderalismus-Forschung Tübingen (EZFF) (Hrsg.), Jahrbuch des Föderalismus 2017, Föderalismus, Subsidiarität und Regionen in Europa, Band 18, Baden-Baden (Nomos) 2017, S. 552-565
Dörr, Julian, Die Bedeutung der Kohäsionspolitik für die europäische Integration: Aktuelle Bestandsaufnahme eines unbekannten Politikfeldes, in: Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik (ZFAS) 2016, 9, S. 27-37
Dörr, Julian, Die Europäische Kohäsionspolitik, Eine ordnungsökonomische Perspektive, Berlin/Boston (Walter de Gruyter) 2017
Europäische Kommission, Generaldirektion Kommunikation, Bürgerinformation, Die Europäische Kommission erklärt: Regionalpolitik, Luxemburg (Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union) 2014: https://europa.eu/european-union/topics/regional-policy_de
Europäische Kommission, Generaldirektion Regionalpolitik und Stadtentwicklung, Europäischer Struktur- und Investitionsfonds (sic!) 2014-2020, Offizielle Texte und Kommentare, Luxemburg (Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union) 2015 (2016?) (online über die Seite: http://ec.europa.eu/regional_policy/de/information/legislation/regulations/)
EU-Verordnungen und sonstige Dokumente/Informationen zur Kohäsionspolitik der EU 2014-2020: http://ec.europa.eu/regional_policy/de/information/legislation/regulations/
EU-Verordnungen und sonstige Dokumente/Informationen zur Kohäsionspolitik in der zu Ende gegangenen Förderperiode 2007-2013:
Halmes, Gregor, Strukturfonds, europäische Bürokratie und grenzübergreifende Projekte, in: Europäisches Zentrum für Föderalismus-Forschung Tübingen (EZFF) (Hrsg.), Jahrbuch des Föderalismus 2008, Föderalismus, Subsidiarität und Regionen in Europa, Band 9, Baden-Baden (Nomos) 2008, S. 505-519
Heinelt, Hubert et al., Die Entwicklung der EU-Strukturfonds als kumulativer Politikprozess, Regieren in Europa, Band 8, Baden-Baden (Nomos) 2005
Heinemann, Friedrich et al., Die Zukunft der EU-Strukturpolitik, ZEW Wirtschaftsanalysen, Schriftenreihe des ZEW, Band 94, Baden-Baden (Nomos) 2010
Koursovitis, Antonios, Die Struktur- und Regionalpolitik der Europäischen Union, Eine kritische Zwischenbilanz, Berlin 2009 (Online verfügbar)
Neheider, Susanne, Die Rolle der Strukturpolitik in der europäischen Integration, in: Tomann, Horst (Hrsg.), Die Rolle der europäischen Institutionen in der Wirtschaftspolitik, Baden-Baden (Nomos), 2006, S. 133-149
Neue Kohäsionspolitik: https://ec.europa.eu/regional_policy/de/2021_2027/
Petzold, Wolfgang, Die Reform der EU-Strukturfonds 2007-2013 zwischen Verteilungslogik und Europäisierung, in: Europäisches Zentrum für Föderalismus-Forschung Tübingen (EZFF) (Hrsg.), Jahrbuch des Föderalismus 2006, Föderalismus, Subsidiarität und Regionen in Europa, Band 7, Baden-Baden (Nomos) 2006, S. 552-575
Petzold, Wolfgang, Kooperation ohne Grenzen: Die EU-Gemeinschaftsinitiative INTERREG III in: Europäisches Zentrum für Föderalismus-Forschung Tübingen (EZFF) (Hrsg.), Jahrbuch des Föderalismus 2003, Föderalismus, Subsidiarität und Regionen in Europa, Band 4, Baden-Baden (Nomos) 2003, S. 407-419
Wassenberg, Birte et al., Die territoriale Zusammenarbeit in Europa, Eine historische Perspektive, Europäische Union (Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union) Luxemburg 2015 (Print-version und online: https://publications.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/4d8decc1-9516-419c-bded-609b8f3bf33b/language-de |