Kommentar |
Das "Saarländische" an sich gibt es nicht. Vielmehr stellen die Varietäten des Deutschen, die auf dem Gebiet des heutigen Bundeslands Saarland gesprochen werden, ein großes Übergangsgebiet zwischen dem Moselfränkischen und dem Rheinfränkischen dar. Diese Grenze zwischen den beiden Dialektverbänden besteht aus einem Bündel verschiedener Grenzlinien von sprachlichen Phänomenen, sog. "Isoglossen". Die bekannteste Isoglosse ist die das-dat-Linie, die das Saarland sprachlich gesehen in zwei Hälften teilt. Entgegen der allgemein verbreiteten Ansicht, dass Dialekte "falsches Deutsch" seien, werden wir im Seminar sehen, dass auch die Dialekte eine Grammatik besitzen, d.h. sprachlichen Regeln unterliegen. Hierbei sind die Dialekte – gerade auch diejenigen im Saarland – oft konsequenter ("logischer") und innovativer als die deutsche Standardvarietät. Im Laufe des Semesters werden wir uns mit allen Bereichen der saarländischen Grammatik auseinandersetzen:
- Phonologie: ich, Stühlchen, Zeug >; isch, Stiehlsche, Zeisch (Koronalisierung)
- Morphologie: wir laufen, ihr lauft, sie laufen >; mir/ihr/die laafe(n) (Einheitsplural)
- Syntax: dieses Haus >; das doo Haus (neues Demonstrativum)
- Syntax: Wo is dann mein Joghurt? – Ei, der hann isch gess... (Rheinischer Akkusativ)
- Syntax: Do hann se ebbes fer se räddsche (Infinitivkonstruktionen mit für)
- Semantik: ich bin alt geworden >; ich bin alt genn (geben als Hilfsverb).
- Semantik: die da >; ähs doo/et loo (neutrales Genus bei Frauenbezeichnungen)
- Semantik: Soll ich dich mitnehmen? >; Soll isch disch mitholle? (nehmen/holen-Verwechslung)
- Pragmatik: Ei, joo! (Diskurspartikeln).
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