Die literarische Darstellung des Verbrechens ist in der Forschung einigen Vorurteilen ausgesetzt: Zum einen scheint die Auseinandersetzung mit literarischen Verbrechensdarstellung frühestens ab Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Etablierung der populärsten Form der Verbrechensliteratur - dem Krimi - lohnenswert zu sein, konzentrieren sich die meisten Forschungsbeiträge doch auf den folgenden Zeitraum und vor allem dieses Genre. Zum anderen wird aber eben insbesondere der Kriminalroman mit seiner scheinbar so simplen und festgelegten Form oft als Genre der Unterhaltungs- und Populärkultur abgetan.
Aber die Literatur beschäftigt sich nicht nur schon seit der Antike mit Kriminalität, sondern bedient sich dabei auch verschiedensten Gattungen. So spiegelt, etabliert und kritisiert die Verbrechensliteratur auf vielfältige Weise zeitgenössische Vorstellungen von Normen und Werten.
Das Seminar behandelt in chronologischer Folge vom 17. Jahrhundert bis zum Realismus literarische Verbrechensdarstellungen, widmet sich dabei sowohl einschlägigen Texten von kanonisierten Autoren (z.B. Friedrich Schiller, Heinrich von Kleist, E.T.A Hoffmann und Annette von Droste-Hülshoff) als auch verschiedensten Gattungen und untersucht die ausgewählten Werke hinsichtlich ihrer Deutungsmuster für Kriminalität aus gattungshistorischer, moralischer, theologischer, juridischer und geschlechtsspezifischer Perspektive.
Seminarlektüre:
Folgende Texte sind vor Vorlesungsbeginn anzuschaffen:
Friedrich Schiller: Der Verbrecher aus verlorener Ehre (Reclam)
Heinrich von Kleist: Der zerbrochene Krug (Reclam)
E.T.A. Hoffmann: Das Fräulein von Scuderi (Reclam)
Annette von Drose-Hülshoff: Die Judenbuche (Reclam)
Weitere Texte und Materialien werden in Moodle als Kopiervorlage bereitgestellt.
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