Reflexionen über Darstellungs- und Ausdrucksmöglichkeiten mittels Sprache sind so alt wie die Literatur selbst. Diese lotet immer wieder die Grenzen des sprachlich Darstellbaren aus oder artikuliert Zweifel an einer sprachlichen Erfassung der Welt. Literatur konstituiert sich selbst sogar über Abweichungen von der Alltagssprache sowie ihre sprachbewussten und sprachreflexiven Eigenschaften – im Merkmal der Poetizität.
In literarischen Texten können Sprachkritik und Sprachzweifel auf unterschiedliche Art und Weise aufgegriffen werden: Etwa über Aussagen der Protagonist*innen oder selbstreflexive Passagen, explizit oder implizit durch Symboliken des Schweigens sowie Darstellung scheiternder Kommunikationsakte, über experimentelle Sprachspiele und Abweichungen von der üblichen Sprache oder über die Verweigerung von Sinnhaftigkeit. Sprachkritik und Sprachzweifel können einerseits auf Ebene der Literatur über das Verhältnis von Kunst und Wirklichkeit verhandelt werden, aber auch über den literarischen Text hinaus auf gesellschaftliche oder politische Missstände hinweisen.
Aus diesem weiten Feld widmet sich das Seminar literarischen Texten, die sich explizit sprachkritisch äußern, ihre Sprachverwendung reflektieren oder Sprachskepsis artikulieren. Ausgehend von der klassisch-modernen Sprachkrise an der Wende zum 20. Jahrhundert ist es vor allem die österreichische Literatur, in der das Phänomen besonders präsent ist. Daher untersuchen wir (mehr oder weniger) kanonische Texte der österreichischen Literatur, die in ihre literarhistorischen Kontexte sowie die philosophischen oder gesellschaftspolitischen Diskurse ihrer Zeit eingeordnet werden sollen.
So bietet das Seminar einen Überblick über die österreichische Literatur des 20. Jahrhunderts sowie deren sozialhistorischen, philosophischen und literarhistorischen Zusammenhänge. Hierbei werden die in den Grundkursen erworbenen Kompetenzen literaturwissenschaftlicher Analyse und Interpretation in unterschiedlichen Gattungen vertieft.
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