Der Drang zum Spielen ist – nicht nur beim Menschen, denn auch Tiere spielen - offensichtlich auch genetisch angelegt. Kulturell geprägt und historisch variabel hingegen ist, wann wer mit wem aus welchen Gründen welche Spiele spielt; hier unterscheidet sich das menschliche doch vom tierlichen Spielen. In dieser Lehrveranstaltung schauen wir auf die vielfältigen Formen des menschlichen Spielens, deren kulturelle Bedingtheit und alltagskulturelle Bedeutung in Europa. Zeitlich begeben wir uns auf eine Reise von den Spielen der frühen Neuzeit bis in das 21. Jahrhundert. Viele der bis heute bekannten Spiele wie z.B. Tennis und andere Ballspiele, aber auch Brett- und Würfelspiele kannten schon die vormodernen ZeitgenosInnen. Schon die frühneuzeitlichen Obrigkeiten sahen im Spielbedürfnis ihrer Untertanen eine Gefahr für das Staatswesen, wurde dort doch aus ihrer sPerspektive insbesondere in Glücksspielen jede Menge Geld verschwendet.
Die modernen Gesellschaften hingegen haben eine Vielfalt an neuen Spielen entwickelt, die sich zahlreicher Medien und Formen/Formate bedienen. Die privaten Spiele umfassen inzwischen ein breites Spektrum, das von traditionellen Brettspielen wie Dame, Mühle und Co. bis hin zu einer komplexen Vielfalt an Computerspielen reicht. In vieler Hinsicht sind die Spielinhalte auch ein Spiegel gesellschaftlicher Wandlungsprozesse und Wertvorstellungen (Beispiel: Monopoly als Spiel des Kapitalismus). Jüngere Spielformen wie das Live Action Role Play (LARP) verlangen sogar den Einsatz des gesamten Körpers und die Erschaffung einer zweiten Identität und sind schon deshalb eingebettet in grundsätzliche gesellschaftliche Diskurse und Debatten.
Gespielt wird daneben auch im staatlichen Auftrag, denn der Staat verdient in Deutschland seit langem sowohl am Lotto-Spiel als auch an Glücksspielen, die in eigens dafür errichteten Casinos angeboten werden. Hier bietet Saarbrücken mit seiner Vielzahl an derartigen Einrichtungen ein vielversprechendes Forschungsfeld, an dessen Beispiel auch konkrete Konsequenzen übermäßigen Spielens untersucht werden können, nämlich die 'Spielsucht'.
Wir widmen uns also im kommenden Semester den vielfältigen Formen und Funktionen des Spielens in Geschichte und Gegenwart in der Hoffnung auf eine Veranstaltung in Präsenz. Je nach Corona-Lage würde ich eine Exkursion in das Saarbrücker Casino in die Veranstaltung integrieren bzw. einplanen. |