Kommentar |
Daniel Kehlmann gehört zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Gegenwartsautor*innen, die auch auf dem internationalen Buchmarkt Fuß fassen konnten. Die Literaturkritik ist sich allerdings keineswegs einig über Qualität und Beschaffenheit von Kehlmanns Werken, die häufig polarisierte Reaktionen hervorrufen: Ist seine Literatur als »reine[] Germanisten- und Kritikerprosa« zu bezeichnen, wie Elke Heidenreich 2009 behauptet hat, oder ist Kehlmann vielmehr ein Vertreter eines »Populären Realismus«, wie Moritz Baßler 2012 konstatiert hat?
In unserem Seminar nehmen wir die beiden Etikette zum Anlass einer kritischen Lektüre von drei Prosatexten, um einerseits nachvollziehen zu können, inwiefern es gerade zu Kehlmanns literarischer Inszenierungsstrategie gehören könnte, sowohl ein literarisch vorgebildetes Publikum als auch solche Leser*innen anzusprechen, die sich vorrangig unterhalten lassen wollen. Andererseits versuchen wir, einen Realismus-Begriff zu entwickeln, mit dem sich Kehlmanns Texte adäquat interpretieren lassen und der die literarischen Traditionen erkennbar macht, in die er sich einschreibt. Dafür werfen wir nicht zuletzt auch Seitenblicke in seine poetischen Essays und seine öffentlichen Reden. |