Kommentar |
Der etwas allgemein klingende Titel der Vorlesung ist durchaus bewußt gewählt. Denn das Phänomen des "Tragischen" manifestiert sich nicht allein in der Literatur und ist auch nicht in erster Linie klar einem der berühmten drei literarischen Genera zugeordnet, den Bühnenstücken, die wir als "tragische Dramen" oder "Tragödien" bezeichnen. "Tragik" durchdringt vielmehr alle Lebensbereiche, bis hinein in das Innerste unseres Denkens, Fühlens und Handelns, unserer gesamten Existenz. Ein herausragendes Beispiel sowohl für diese Ausdehnung des Begriffs "tragisch" über die Grenzen der literarischen Genera hinaus als auch für die "existenzielle" Auslotung des Tragischen treffen wir in Vergils Aeneis an, die im Hinblick auf ihre literarische Gattung natürlich dem Epos zuzuordnen ist, jedoch in ihrer inneren Dramaturgie von großen tragischen Konflikten geprägt ist (man denke nur an die aussichtslose Liebe zwischen Dido und Aeneas, aber auch an die Notwendigkeiten des Handelns, denen Aeneas überhaupt unterliegt). Jedoch weisen auch die Geschichtsdeutungen der großen Historiker wie Tacitus eine inhärente Tragik auf, die sich durchaus mit aristotelischen Kategorien beschreiben läßt und die sich bisweilen sogar in offenkundig bewußter sprachlicher und stilistischer Referenz an die dramatische Literatur äußert. Zu dieser Thematik sollen, nach einer Einführung in den Begriff des "Tragischen" sowie die Voraussetzungen und die Geschichte der Tragödie, Interpretationen markanter Beispiele vorgestellt werden. |
Literatur |
eine ausführliche Bibliographie wird unter MS Teams zur Verfügung gestellt
zur einführenden Lektüre: Peter Szondi: Versuch über das Tragische (2. Aufl. Frankfurt a.M. 1964); Arbogast Schmitt: Wesenszüge der griechischen Tragödie. Schicksal, Schuld, Tragik, in: Hellmut Flashar (Hrsg.): Tragödie: Idee und Transformation (Stuttgart / Leipzig 1997), 5-49; Peter Riemer: Die attische Tragödie; in: Ralf Bogner / Manfred Leber (Hrsgg.): Tragödie. Die bleibende Herausforderung (Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesungen 1; Saarbrücken 2011), 9-22; ds.: Götter und Menschen im Konflikt. Die griechische Tragödie, AU 6 (2010), 4-13; ds.: Aeneas als tragischer Held. Aischyleisches bei Vergil (Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt, Geisteswissenschaftliche Klasse, Sitzungsberichte 5; Erfurt 2006), 119-138 |
Zielgruppe |
Alle, die sich für die Bedeutung interessieren, die dem Tragischen in der römischen und überhaupt der antiken Literatur, Kultur und Geschichte zukommt und die bis zum heutigen Tage nachwirkt. Sämtliche griechischen und lateinischen Texte werden auch in Übersetzung vorgestellt. |