Bereits ein nur flüchtiger Blick in die europäische Geschichte zeigt eine teilweise sehr unterschiedliche Aufarbeitung und Ausdeutung von Revolutionen oder Kriegen, von Kolonialismus oder Shoah: Das (materielle) Kunst- und Kulturerbe scheint mehr als ein ›neutrales‹, ›lesbares‹ Erinnerungsobjekt zu sein und vielmehr nationalen wie auch paneuropäischen Aushandlungsprozessen unterworfen. So führen Debatten um den Erhalt und die zeitgemäße Vermittlung von ›schwierigem‹ Kulturerbe wie auch Diskussionen um den zivilgesellschaftlichen und institutionellen Umgang mit konfliktueller Vergangenheit/en bspw. dazu, dass sich ganze Bevölkerungsgruppen und nachwachsende Generationen von der erinnerungskulturellen Relevanz dieser Hinterlassenschaft nicht (mehr) angesprochen fühlen.
Dabei kann angenommen werden, dass besonders in Grenzregionen — bedingt durch gewaltsame territoriale Verschiebungen, nationalstaatliche Vereinnahmungen und politische Systemwechsel — ein materielles Erbe entstanden ist, das vielfach quersteht zu ›offiziellen‹ Geschichtspolitiken und den Strategien touristischer Inwertsetzung. So lohnt gerade ein vergleichender Blick auf Forschungsperspektiven zur kulturellen Identitätsstiftung und Erinnerungsorten in diesen hybriden Räumen vor dem Hintergrund sozialer Transformationsprozesse — etwa mit dem Beispiel der Großregion Saar-Lor-Lux oder der post-sowjetischen Gegenwart in der östlichen Balkan-Region.
Das Seminar möchte in einem ersten Schritt daher Theorien und Ansätze der Cultural Memory Studies erarbeiten und diese dann in einer internationalen Summer School (mit Forschenden und Studierenden der St. Kliment Orhidski-Universität Sofia/Bulgarien und der Université de Lorraine Metz/Frankreich) an konkreten Beispielen in der Großregion anwenden. |