Kommentar |
Der Begriff Migration ist in aktuellen Diskursen omnipräsent. Allerdings handelt es sich um kein modernes Phänomen: Auch im Mittelalter war die Geschichte Europas von Mobilität und Migration geprägt. Menschen bewegten sich aus den unterschiedlichsten Motiven von Ort zu Ort. Sie reisten, pendelten, tauschten und transportierten Waren, Rohstoffe, Kulturgüter und Ideen. Einzelne, kleine oder große, homogene oder heterogene Gruppen verlagerten temporär oder auf Dauer ihren Lebensmittelpunkt. Sie konnten ihr neues Umfeld maßgeblich prägen und umgekehrt selbst beeinflusst werden und im Fall einer Rückkehr ihre gesammelten Erfahrungen mitnehmen. Im Seminar werden zunächst Formen von Mobilität und Migration vorgestellt und unter Berücksichtigung unterschiedlicher Modelltheorien deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet. In einem zweiten Schritt werden dann charakteristische Beispiele von Mobilität und Migration Einzelner oder Gruppen insbesondere in den europäischen Städten des Hoch- und Spätmittelalters behandelt. Aus der Lektüre von Texten aus unterschiedlichen Gattungen (Berichte, chronikalische Werke, Statuten und normative Texte etc.) wird im Rahmen dieses Seminars versucht, die unterschiedlichen Wahrnehmungen des ‚Fremden‘ zu analysieren und die Strategien von Integration und/oder Ausschluss seitens der städtischen Gemeinschaften in die variierenden politischen Kontexte einzuordnen. |
Literatur |
Zur Migration:
M. Borgolte (Hg.), Migrationen im Mittelalter. Ein Handbuch, Berlin 2014;
S. Hahn, Historische Migrationsforschung, Frankfurt/New York 2012;
M. Borgolte / J. Dücker / M. Müllerburg/ B. Schneidmüller (Hg.), Integration und Desintegration der Kulturen im europäischen Mittelalter, Berlin 2011;
H. Kleinschmidt: Menschen in Bewegung: Inhalte und Ziele historischer Migrationsforschung, Göttingen 2002.
Zur Erfahrung und zur Wahrnehmung des Fremden: Y. Sivri, Die transkontinentale Wahrnehmung des Fremden und das christliche Türkenbild: eine literarisch-historische Studie der spätantiken und mittelalterlichen Quellen, Berlin 2018;
M. Münkler, Erfahrung des Fremden: Die Beschreibung Ostasiens in den Augenzeugenberichtendes 13. und 14. Jahrhunderts, Berlin 2000.
Zur Dynamik von Inklusion und Exklusion, Integration und Ausschluss: F.-J. Arlinghaus , Inklusion - Exklusion: Funktion und Formen des Rechts in der spätmittelalterlichen Stadt. Das Beispiel Köln, Köln 2018;
A. Dürrer: Die Kreuzfahrerherrschaften des 12. und 13. Jahrhunderts zwischen Integration und Segregation: zeitgenössische und moderne Stimmen im Vergleich, Ostfildern 2016;
R. Lutz/ H. Uerlings (Hg.), Zwischen Ausschluss und Solidarität. Modi der Inklusion/Exklusion von Fremden und Armen in Europa seit der Spätantike, Frankfurt a. M. 2008. |