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Wer sich mit der Entwicklung auf elektronischem Gebiet, speziell im Bereich Medien, beschäftigt, stößt unweigerlich auf den Begriff „disruptiv“. Gemeint ist die seit gut drei Jahrzehnten bestehende radikale Ablösung analoger Techniken zugunsten digitaler Ton- oder Bildvermittlung, die aber im Endzustand wieder analoge Gestalt annehmen muss, um den Sinnen zugänglich zu werden. Im erweiterten Sinne versteht sich „disruptiv“ als jäher Bruch mit allem Überkommenem. Das Erscheinungsbild der Bildenden Kunst in den ersten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts lieferte vielfachen Anlass für ein solches Attribut, denkt man nur an die Hinwendung zur totalen Abstraktion bei Kandinsky und wenige Zeit später beim Konstruktivismus oder krasser noch: an den werteverneinenden Dadaismus. Aber auch heute als gut verträglich eingestufte Neuerscheinungen wie in Deutschland die „Brücke“-Maler oder in Frankreich die „Fauves“ und der Kubismus wurden damals zunächst als hochgradig befremdlich verworfen, wobei man eher an stilistischen als an inhaltlichen Aspekten Kritik übte. In diesem Semester soll vier Fragen nachgegangen werden: 1. Was ist überhaupt unter der „Moderne“ zu verstehen?; 2. Waren diese Brüche wirklich so beispiellos, erstmalig, radikal und jäh in der Kunstgeschichte oder gab es nicht schon früher „Disruptionen“?; 3. Welche Impulse für den weiteren Verlauf empfing die Bildende Kunst aus dieser eigentlich als destruktiv empfundenen Situation? Entstand aus diesem Bruch ein Umbruch, der schließlich einen Aufbruch beflügelte?; 4. Welchen Einfluss hatten aktualisierte wissenschaftliche Erkenntnisse auf dem Gebiet der Farbsystematik und der Farb- und Gestaltpsychologie auf das Erscheinungsbild der neueren Kunst? Es wird also im Rahmen dieser Fragestellungen unumgänglich sein, die Farblehre hinsichtlich physikalischer, wahrnehmungsphysiologischer und -psychologischer Aspekte und die wichtigsten Gesetze der Gestaltpsychologie zu behandeln, um auch beispielsweise die Bildangebote der Op-Art, die sich ja darauf beziehen, besser zu verstehen. |