Kommentar |
Während der großen Reichskrise des 3. Jahrhunderts zeichneten sich dies- und jenseits der römischen Grenzen geopolitische Veränderungen ab, die so weitreichend waren, dass man ihnen unter Kaiser Diokletian mit grundlegenden Reformen zu begegnen versuchte. Diese bilden den politischen Rahmen für die Spätantike, welche vom späten 3. Jahrhundert bis zur Auflösung des westlichen Reichsteiles im Jahr 476/482 n. Chr. andauerte. Während dieser Zeit vollzieht sich ein tiefgreifender Wandel, der zum einen geprägt ist von der Abwehr äußerer Feinde (Stichwort Völkerwanderungen) und inneren Machtkämpfen, zugleich aber auch Widerstandsfähigkeit erkennen lässt. Darüber hinaus haben die Herausforderungen dieser Zeit sich auf die Siedlungslandschaft ausgewirkt und zur Aufnahme und Ausbildung neuer kultureller und technischer Elemente (etwa des Steigbügels) geführt, die den Weg in das Mittelalter bereiten.
Im nicht-römischen, germanischen Europa änderte sich die Gesellschaft ebenfalls verstärkt seit dem 3. Jahrhundert. Die Zunahme an Siedlungen und Metallfunden, die Konzentration von Handwerk sowie das Auftreten sehr reich ausgestatteter Elitengräber und umfangreicher Mooropferplätze belegen eine neue gesellschaftliche Hierarchie. Vom 4. bis 6. Jahrhundert migrierten große Bevölkerungsgruppen aus Germanien in das Römische Reich (bzw. was von diesem übriggeblieben ist). Die Ursachen sind vielfältig und miteinander verwoben: Hunneninvasion, Klimaverschlechterung, kriegerische Absichten, römisches Machtvakuum usw.
Im gallo-römischen Gebiet etablierten sich ab dem 5. Jahrhundert neue germanische Herrschaftsbereiche. Hinter der oft linearen Geschichtsschreibung über fränkische Könige und ihre Eroberungen fanden allerdings komplexe kulturelle Prozesse statt, die Europa nachhaltig prägten. Weder zerstörten die Germanen alles Römische noch führten sie römische Traditionen unverändert weiter. In diesen dynamischen Jahrhunderten entstanden durch Akkulturation, Tradition und Innovation neue Kultur- und Herrschaftsformen, die nur mithilfe archäologischer Funde und Befunde zu verstehen sind.
Im Rahmen der Veranstaltung möchten wir den Veränderungen der Lebenswelten in unserem Raum, über die uns die schriftlichen Quellen wenig berichten, anhand charakteristischer archäologischer Phänomene des 4. bis 6. Jahrhunderts nachspüren. Dabei spielt stets die Frage eine Rolle, inwieweit sich die obigen Entwicklungen hierin spiegeln.
Stichworte: Spätantike, weitreichender Wandel, Untergang des Römischen Reiches, Völkerwanderungszeit, Franken, Alamannen, Frühmittelalter, Fränkisches Reich, Germanen |