Kommentar |
Manila, die heutige Hauptstadt der Philippinen, war von der spanischen Gründung 1571 bis zur Eroberung durch die USA 1898 eine spanische Kolonialstadt. Aus spanischer Perspektive lag Manila am äußersten Rand ihres weltumspannenden Kolonialreichs, denn es war für die Spanier nur erreichbar über die transpazifische Schiffsverbindung der Manila-Galeonen aus dem ebenfalls spanischen Mexiko. Wirtschaftlich war Manila aber von großer Bedeutung als Umschlagplatz für in Europa begehrte Luxuswaren wie chinesische Seide, Porzellan und Gewürze.
Die Spanier waren jedoch nur eine kleine Minderheit in der Stadtbevölkerung Manilas. Neben den indigenen Tagalog stellten südchinesische Einwanderer aus der Provinz Fujian den größten Bevölkerungsanteil. Diese Chinesen, von den Spaniern Sangleyes genannt, wickelten nicht nur den Handel mit China ab, sondern betätigten sich auch in vielen Handwerken und Gewerben sowie als Hafenarbeiter – kurz, die Wirtschaft Manilas hätte ohne sie nicht funktioniert. Zugleich wurden die Sangleyes aber von der spanischen Minderheit als Bedrohung wahrgenommen, denn die meisten von ihnen widersetzten sich – anders als die Tagalog – der katholischen Missionierung. Kam es zu Aufständen der Sangleyes oder wurden sie der Kollaboration mit potenziellen Invasoren verdächtigt, richteten die Spanier mit Unterstützung indigener Verbündeter Massaker unter der chinesischen Bevölkerung an – dreimal allein im 17. Jahrhundert, mit jeweils mehreren 10.000 Toten.
Am Beispiel Manilas lassen sich also verschiedene Aspekte der frühneuzeitlichen Globalisierung und des Kolonialismus wie im Brennglas betrachten, wie globale Handelsnetzwerke, Kolonialismus und Missionierung. Was Manila besonders spannend macht, ist erstens, dass die europäische Kolonialmacht dort stets gefährdet und sowohl militärisch als auch wirtschaftlich auf die Unterstützung anderer regionaler Partner angewiesen war. Denn gegenüber der Großmacht China war die spanische Kolonialstadt ein Zwerg. Zweitens entstand in Manila eine ethnisch und kulturell hochkomplexe sowie global verflochtene Stadtgesellschaft, die trotz der überschaubaren Größe der Stadt manche Aspekte heutiger Globalstädte vorwegnimmt. |
Literatur |
Barbara Watson Andaya und Leonard Y. Andaya, A history of early modern Southeast Asia, 1400–1830, Cambridge 2015; Stephanie Mawson, Incomplete conquests: the limits of Spanish empire in the seventeenth-century Philippines, Ithaca/London 2023; Birgit Tremml-Werner, Spain, China and Japan in Manila, 1571–1644: Local comparisons and global connections, Amsterdam 2015. |