Kommentar |
Mit dem (aus dem militärischen Diskurs stammenden) Begriff der »Avantgarde« — als ›Vorhut‹ und ›Pioniertrupp‹ — werden Vorreiter:innen und deren Entwicklung neuer, innovativer Ästhetiken und experimenteller Schreibverfahren gefasst: Bezogen vor allem auf einige ›Ismen‹ des späten 19. Jahrhunderts, auf die Historischen Avantgarden von Futurismus, Dada und Surrealismus sowie auf Post- und Neo-Avantgarden nach 1945, ergeben sich dort nicht selten spannende Verbindungen von Theorie und Praxis als auch von historischem Bewusstsein, gegenwartskritischer Gesellschaftsanalyse und systemverändernder Zukunftsorientierung. Das angestrebte Ideal einer Vermischung von Stilen und Gattungen, Medien und Materialien, generell auch ›Kunst‹ und ›Leben‹ wird dabei häufig über die paradigmatische Textsorte des Manifests proklamiert, um dann in den mehr oder weniger stark institutionalisierten Strömungen umgesetzt zu werden.
Entsprechend interessiert sich dieses Hauptseminar für jene beiden Aspekte, möchte zunächst Vorläuferphänomene des ›Manifestismus‹ ausmachen (etwa: »Hessischer Landbote«, 1834; »Manifest der Kommunistischen Partei«, 1848) und nach der gegenwärtigen Aktualität als gesellschaftliche wie bildkünstlerische/filmische/literarische/musikalische (bspw. »Dogma 95«, 1995; »Puzzy Power Manifesto«, 1998; »Comic Manifest«, 2013) Programmatik fragen und in einem zweiten Teil den davon ausgehenden ›Avantgardismus‹ medienvergleichend betrachten. |