Kommentar |
Gasthäuser entstanden im 11. Jahrhundert an infrastrukturellen Knotenpunkten. Als multifunktionale Drehpunkte, an denen sich Menschen unterschiedlicher Herkunft und sozialer Zugehörigkeit trafen, stellten sie einen wichtigen öffentlichen Raum dar, in dem Informationen zugänglich gemacht und verbreitet wurden. Sie waren damit ein wesentlicher Bestandteil des frühneuzeitlichen Kommunikationsraumes. Das Gasthaus als Treffpunkt und Plattform des Informations- und Meinungsaustausches schuf Öffentlichkeit und prägte die mentale Struktur des Raumes. Aus kulturgeschichtlicher Perspektive betrachten wir die Funktion des Gasthauses daher nicht nur in seiner wirtschaftlichen, materiellen und kulturellen Bedeutung durch Gebäude und Angebote wie Bewirtung, Schlafgelegenheit und Unterhaltung, sondern auch in seiner relationalen Dimension als Kontakt- und Nachrichtenbörse, als Treffpunkt für geschäftliche wie politische Belange. Überbrückten Wirtshäuser soziale Unterschiede und vermittelten Informationen an eine breite Bevölkerungsschicht? In welche überregionalen Netzwerke waren sie eingebunden und wie wirkte sich dies auf das regionale Nachrichtenaufkommen aus?
Die Übung setzt die Bereitschaft zur Lektüre deutsch- und englischsprachiger Forschungsliteratur sowie handschriftlicher Quellen voraus. Näher betrachtet werden regionale Saarbrücker Relikte wie die Gasthäuser "Zum Adler" und "Zum Stiefel" sowie schriftliche Quellen aus dem Stadtarchiv. Überregionale Eindrücke gewinnen wir aus Reiseberichten und Auswanderungsprotokollen. |