Kommentar |
Die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland und die Olympischen Spiele in Paris im Sommer 2024 dienen als Anlass, um über die Rolle des Sports in Politik und Gesellschaft nachzudenken. Immer schon hat sich - national wie international - verbandsmäßig organisierter Massensport, der sich seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts von England aus über den Globus ausbreitete, als unpolitisch und neutral definiert. Tatsächlich aber bewegte sich moderner Sport stets in einem Spannungsverhältnis zwischen sportlichem Unabhängigkeitsanspruch und politischem "Stellungnehmen-Müssen" bzw. "Vereinnahmt-Werden". Die Vorlesung bietet einen Überblick über die Anfänge und Entwicklungstrends des modernen Sports und fragt nach den Wechselwirkungen von Sport und Politik bzw. Gesellschaft. Anhand zahlreicher Beispiele wird gezeigt, wie sich der Sport oftmals aus eigenem Antrieb selbst politisiert hat bzw. wie gerade der Spitzensport häufig äußerer Politisierung und Instrumentalisierung durch Regime und Regierungen anheimfiel. Zugleich wird herausgearbeitet, dass moderner Sport zu allen Zeiten - über Siege, Rekorde und Meisterschaften hinaus - einen Bedeutungsraum beschreibt, der große Erklärungspotenziale für die politischen, sozio-ökonomischen und kulturellen Verhältnisse sowie breite Projektionsflächen für menschliche Phantasien, Sehnsüchte und Bedürfnisse bietet. |
Literatur |
Christiane Eisenberg / Pierre Lanfranchi / Tony Mason / Alfred Wahl, FIFA 1904-2004. 100 Jahre Weltfußball, Göttingen (Die Werkstatt) 2004; Allen Guttmann, The Olympics. A history of the modern games, 2. Auflage, Urbana (University of Illinois Press) 2002; Nils Havemann, Samstags um halb 4. Die Geschichte der Fußballbundesliga, München 2013; Dietmar Hüser / Ansbert Baumann (Hg.), Migration | Integration | Exklusion - Eine andere deutsch-französische Geschichte des Fußballs in den langen 1960er Jahren, Tübingen (Narr) 2020; Dietmar Hüser / Philipp Didion / Paul Dietschy (Hg.), Sport-Arenen - Sport-Kulturen - Sport-Welten. Deutsch-französisch-europäische Perspektiven im "langen" 20. Jahrhundert; Dietmar Hüser (Hg.), Frauen am Ball - Geschichte(n) des Frauenfußballs in Deutschland, Frankreich und Europa, Bielefeld (transcript) 2022, Alfred Wahl, Histoire de la Coupe du monde de football. Histoire d'une mondialisation réussie, Brüssel u.a. (Lang) 2013; Paul Yonnet, Huit leçons sur le sport, Paris (Gallimard) 2004. |
Bemerkung |
Begleitend zur Vorlesung findet montags 10-12 Uhr ct eine Übung mit dem Titel "Auf dem Weg zur Sportgesellschaft – Die Geschichte des modernen Sports im langen 20. Jahrhundert" (Dozent: Philipp Didion / LSF-Veranstaltungsnummer: 150713) statt, die die Möglichkeit bietet, anhand von Texten sowie Bild- und Filmquellen zentrale Aspekte der Vorlesung zu diskutieren und weiter zu vertiefen. Die Teilnahme an der Übung ist keine Voraussetzung für das Belegen der Vorlesung. |