Kommentar |
Die Entwicklung des Bildungsromans in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stellt einen bedeutenden Schritt in der deutschsprachigen Literatur dar und steht in engem Zusammenhang mit der Aufwertung des Romans im Allgemeinen. Obwohl der Begriff selbst erst im 19. Jahrhundert geprägt wird, entsteht der erste deutschsprachige Bildungsroman mit Christoph Martin Wielands Geschichte des Agathon bereits 1766/67. Als Prototyp gelten jedoch erst Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre (1795/96), die schon von Zeitgenossen als zukunftsweisend und paradigmatisch aufgefasst werden. Die Lektüre dieses ‚prototypischen‘ Bildungsromans ist im Seminar durch einen bereits zehn Jahre früher begonnenen Gegenentwurf zum humanistischen Bildungsideal zu ergänzen: Karl Philipp Moritz‘ psychologischen ‚Anti-Bildungsroman‘ Anton Reiser (1785-90). Neben einer ausführlichen Analyse der Texte soll im Seminar vor allem die Erschließung des geistes- und sozialgeschichtlichen Kontextes, in dem die Romane entstanden sind, im Vordergrund stehen. |