Kommentar |
Der Begriff "Autarkiepolitik" ist gängig, um die von strikter Devisenbewirtschaftung, Streben nach hohem Selbstversorgungsgrad und Ersatzstoff-Industrien gekennzeichnete Wirtschaft des NS-Regimes in der Vorkriegszeit zu beschreiben. Im eigentlichen Sinne bezeichnet Autarkie in der volkswirtschaftlichen Bedeutung nach der Definition des "Brockhaus" von 1929 "den Zustand der Selbstgenügsamkeit eines Landes, das alles erzeugt, was es verbraucht, aber nur so viel erzeugt, als es verbrauchen kann, so dass es weder auf die Einfuhr noch auf die Ausfuhr von Waren angewiesen ist." Hierbei handelt es sich jedoch klar erkennbar um ein Ideal, das für kaum eine industriell entwickelte Gesellschaft erreichbar sein dürfte. Unter Autarkiepolitik wird daher meist schon die Annäherung an dieses Ideal verstanden. Autarkiestreben im weitesten Sinne war kein auf Deutschland und den Nationalsozialismus beschränktes Phänomen, vielmehr stand die Zwischenkriegszeit wirtschaftspolitisch auch international im Zeichen von Konzentration und Abschließung. Seit der Weltwirtschaftskrise waren die Ideen von Freihandel und Weltwirtschaft vielerorts diskreditiert. Überdies stellt das Autarkiestreben die dem Nationalismus entsprechende Wirtschaftsform dar. In Deutschland trug zudem die Erinnerung an die Blockade im Ersten Weltkrieg viel zur Attraktivität des Autarkiegedankens bei. Die nationalsozialistische Autarkiepolitik, die über den "Neuen Plan" von 1934 schließlich im "Vierjahresplan" von 1936 gipfelte, wurde allerdings maßgeblich durch die zielstrebige Aufrüstung Deutschlands vorangetrieben. Trotz vielfältiger Anstrengungen bei der Steigerung der eigenen Produktion, der Entwicklung von Ersatzstoffen und der Lenkung des Verbrauchs erreichte das nationalsozialistische Deutschland bis 1939 nie eine vollständige Unabhängigkeit von Exporten. In der Ernährungswirtschaft bestanden bei der Fett- und Eiweißversorgung weiterhin große Lücken, und auch bei so wichtigen industriellen Rohstoffen wie Mineralöl und Kautschuk war Deutschland trotz der neuen Syntheseindustrien längst nicht autark. In dieser Übung soll die nationalsozialistische Autarkiepolitik aus wirtschafts-, aber auch technik- und umweltgeschichtlicher Perspektive behandelt werden. Dabei werden Bereiche wie Devisenbewirtschaftung, Ersatzstoffindustrien, Ernährungs- und Landwirtschaft, privater Konsum sowie die Auswirkungen auf den Lebensstandard in Deutschland untersucht. Leistungsnachweis: Aktive Mitarbeit und mündliches Referat
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Literatur |
Literatur: A. Tooze, Ökonomie der Zerstörung. Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus, München 2007, D. Petzina, Autarkiepolitik im Dritten Reich. Der nationalsozialistische Vierjahresplan, Stuttgart 1968, H.-E. Volkmann, Die NS-Wirtschaft in Vorbereitung des Krieges, in: Ursachen und Voraussetzungen der deutschen Kriegspolitik (Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg; Bd. 1), hrsg. v. Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Stuttgart u. a. 1979, S. 177-368.
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