Kommentar |
Mit Pompeius, vor dem Aufstieg Caesars lange Jahre dem erfolgreichsten Militär und einflußreichsten Politiker Roms, verbindet Cicero eine nicht unproblematische politische Beziehung. Zahlreich sind die Zeugnisse aus seiner Korrespondenz, die belegen, wie intensiv sich der homo novus um ein gutes persönliches Verhältnis zu seinem Altersgenossen bemüht, das ihm den nötigen Rückhalt verschaffen soll, seine Stellung innerhalb der Führungselite der krisengeschüttelten Republik zu verbessern. Eine günstige Gelegenheit bietet sich, als die wechselvoll verlaufenden Kriege gegen Roms kleinasiatische Erzfeinde, die Könige Mithridates von Pontos und Tigranes von Armenien, im Jahre 66 v.Chr. zum Debakel für die Römer zu geraten drohen. In dieser Situation beantragt der Volkstribun C. Manilius, das römische Volk möge dem brillianten Feldherrn Pompeius den Oberbefehl über das Heer im Osten übertragen (daher auch der alternative Titel von Ciceros Rede, de/pro lege Manilia). Immerhin hatte Pompeius im Jahr zuvor den Seeräubern im östlichen Mittelmeer, die der römischen Wirtschaft über lange Zeit schwersten Schaden zugefügt hatten, erfolgreich das Handwerk gelegt, ebenfalls (durch die lex Gabinia) mit einem derartigen außerordentlichen Oberbefehl versehen. Aber der Senat sträubt sich vehement gegen Manilius’ Ansinnen, fürchtet insbesondere die optimatische „Partei“ doch, solche imperia extraordinaria führten zu einer kaum noch zu kontrollierenden Machtkonzentration in der Hand ehrgeiziger Militärs – wie die späteren Ereignisse zeigen, eine gut begründete Befürchtung. Cicero, der später eben diese Entwicklung bitterlich beklagen wird, ergreift zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit, seinen potentiellen innenpolitischen Verbündeten Pompeius zu unterstützen, mit beiden Händen und bringt in einer fulminanten, nach allen Regeln der rhetorischen Kunst durchgestalteten Rede die contio, die Volksversammlung, dazu, dem Antrag des Manilius zu entsprechen. Auf diese berechnende Sprachkunst Ciceros soll sich das hauptsächliche Augenmerk der gemeinsamen Lektüre dieser besonders gelungenen Rede richten. |
Literatur |
eine ausführliche Bibliographie wird in der ersten Sitzung ausgeteilt; zur ersten Lektüre: Manfred Fuhrmann: Cicero und die römische Republik. Eine Biographie (5., durchgesehene und bibliographisch erweiterte Aufl. Mannheim 2011); Robin Seager: Pompey the Great. A Political Biography (2. Aufl. Oxford 2002, Ndr. 2008); Matthias Gelzer: Pompeius – Lebensbild eines Römers. Mit einem Forschungsüberblick und einer Ergänzungsbibliographie von Elisabeth Herrmann-Otto (München 1949, Neuaufl. Stuttgart 2005); Catherine Steel: Cicero, Rhetoric, and Empire (Oxford 2001, zugl. Diss. Oxford 1998); Jörg Spielvogel: Amicitia und res publica – Ciceros Maxime während der innenpolitischen Auseinandersetzungen der Jahre 59-50 v.Chr. (Stuttgart 1993) |
Bemerkung |
kritische Textausgabe: M. Tulli Ciceronis Orationes (Oxford Classical Texts), Vol. I: Pro Sex. Roscio, De imperio Cn. Pompei, Pro Cluentio, In Catilinam, Pro Murena, Pro Caelio, recognovit brevique adnotatione critica instruxit Albertus Curtis Clark (Oxford 1905, mehrfach nachgedr.)
zur Anschaffung empfohlen (bei Bock & Seip vorbestellt): M. Tullius Cicero: De imperio Cn. Pompei ad Quirites oratio / Rede über den Oberbefehl des Cn. Pompeius. Lateinisch - deutsch. Übers. und hrsg. von Otto Schönberger (Stuttgart [Reclam] 1968, mehrfach nachgedr.) |