Kommentar |
Seit dem Spätmittelalter nahm die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung der Städte stetig zu, aber es fehlte lange Zeit noch eine überdachende Hochsprache. Die großregionale schriftliche Kommunikation wurde zunächst überwiegend von einer relativ kleinen Gruppe von professionellen Schreibern ausgeübt. Die Vorlesung zur „Historischen Sprachwissenschaft“ gibt einerseits einen Überblick über diese regional und je nach Stadtkanzlei unterschiedlichen Schreibsprachen und beleuchtet andererseits die Entwicklung, Theorien und Methoden der historischen Stadtsprachenforschung. Letzere hat in den letzten 30 Jahren bedeutende Fortschritte gemacht und sich zu einer „europäischen Stadtsprachenforschung“ entwickelt. So wurden grundlegende Untersuchungen, z. B. für Deutschland, Luxemburg, Österreich, die Schweiz, aber auch für Städte in ehemals deutschen Sprachinseln in Osteuropa durchgeführt. Konzentrierte sich die Stadtsprachenforschung zunächst auf das Stadt-Umland-Problem, also auf das Einwirken der städtischen Sprache auf die sie umgebenden Dialekte, so rückten im Laufe der Geschichte – bedingt durch die „soziolinguistische Wende“ – eine Vielzahl weiterer Themen in den Mittelpunkt, die in Auswahl ebenfalls in der Vorlesung zur Sprache kommen, z. B. die Stadtnamengebung (-burg, -stadt), Textsorten (z. B. Stadtbücher, Briefe, Urkunden), die sich als Quellen für stadtsprachengeschichtliche Untersuchungen eignen, Mehrsprachigkeit, Sprachwandel und Variation, auch in Abhängigkeit von den sozialen Schichten, Auswirkungen der Druckersprache. |
Literatur |
Löffler, Heinrich/Hofer, Lorenz (Hgg.): Stadtsprachenforschung. 2 Teilbände. Hildesheim/Zürich/New York 2010 (Germanistische Linguistik 202-205, 2010).
Moulin, Claudine/Ravida, Fausto/Ruge, Nikolaus (Hgg.): Sprache in der Stadt. Akten der 25. Tagung des Internationalen Arbeitskreises Historische Stadtsprachenforschung. Luxemburg, 11.-13. Oktober 2007. Heidelberg 2010.
Schmidt, Wilhelm: Geschichte der deutschen Sprache. Ein Lehrbuch für das germanistische Studium. 10., verb. und erw. Aufl. erarbeitet unter der Leitung von Helmut Langner und Norbert Richard Wolf. Stuttgart 2007, S. 105-118. |